Log-Buch 2019

Mai 2019 Saarbrücken - Toul

Mittwoch, Mai 29, 2019

Wittring

Nach vielen Vorbereitungen und einigen Abschiedsrunden bei Familien, Freunden und Boule-Kollegen sind wir heute Vormittag endlich losgekommen.

Die vergangenen Wochen waren anstrengend. Da wir unsere Wohnung für die Zeit der Abwesenheit vermieten war viel zu tun. Zunächst die Renovierung, damit sich unsere Gäste auch wohl fühlen. Anschließend haben wir unser Zeugs gesichtet. Es ist unglaublich, was sich im Laufe eines Lebens alles ansammelt. All die Bücher, CDs, Klamotten, Kerzenständer, Vasen, Spiele, Kugelschreiber, Verschlüsse für Weinflaschen, Fotos, Bilder …. Da wurde sortiert, geräumt, verpackt und weggeschmissen.

Einiges ging auf den Flohmarkt und hat Anderen Freude bereitet, anderes lagert nun in Kisten und Koffern in verschiedenen Kellern und manches musste natürlich auch mit auf die Reise.

Nachdem die Wohnung leergeräumt war ging es daran alles auf der Marie zu verstauen. Wie viele Vorräte wir noch eingelagert hatten? Wein, Tee, Marmeladen, Tomaten, Bohnen und anderes Gemüse in Dosen und natürlich Reis und Nudeln. Nach einigem hin- und herräumen hat nun alles seinen Platz gefunden. Außerdem die Kleidung für vier Jahreszeiten. Denn schließlich wollen wir den Winter nun endlich einmal in Südfrankreich verbringen.

Unser erster Weg führt uns nach Toule. Hier bekommt Marie eine hübsche Solaranlage und wird noch einmal auf Herz und Nieren geprüft. Dann geht es nach Paris.

Wir freuen uns auf die Reise und ich verspreche hiermit, dass ich dieses Mal ganz regelmäßig schreiben werde. Das hier war nur der Anfang. Bis bald also - und schreibt mir ruhig einmal, wenn Euch ein Bericht gefallen - oder auch nicht gefallen hat.

Donnerstag, Mai 30, 2019

Mittersheim

Wann werden wir aufhören zu zählen? Die nächsten Tage sicher noch nicht. So langsam haben wir uns eingerichtet, es gemütlich gemacht. Mit Blumen, die meine Mutter noch gemeinsam mit mir ausgesucht hat und Kräutern. Morgen haben wir die Schleusentreppe bei Mittersheim vor uns. Das wird ein langer Tag.

Ich freue mich schon darauf, euch davon zu berichten.

Freitag, Mai 31, 2019

Diane Capelle

Heute sind wir nun also die Schleusentreppe bei Mittersheim gefahren. 12 Schleusen direkt hintereinander. Wir haben insgesamt knapp 3,5 Stunden dafür gebraucht. Es ging gut. Da wir jede Menge Gegenverkehr hatten, waren die meisten Schleusen für uns bereits vorbereitet. Dann hieß es nur noch Leinen um den Poller und aufs Wasser warten. So haben wir uns langsam aber sicher Meter für Meter hinauf in die Hügel geschafft. Es ist schon abenteuerlich mit welcher Wucht das Wasser zum Teil in die 2,50 Meter hohen Schleusen schießt. Wir mussten schon ganz schön dagegen halten, damit unsere Marie nicht wie ein Tanzknopf auf dem Wasser herumhüpft und an die Schleusenmauern knallt.

Morgen haben wir die Schachtschleuse bei Rechicourt vor uns. Das ist nochmal ein ganz besonderes Abenteuer. Bis dahin,

Samstag, Juni 1, 2019
Lagarde

Die Schachtschleuse bei Réchicourt bringt uns gleich mal auf einen Schleusenvorgang 16 Meter nach unten.

Wir haben kurz vorher den Canal de la Sarre verlassen und sind jetzt in den Rhein-Marne-Kanal eingebogen. Von nun an geht’s bergab. Die nächsten Schleusen bringen und immer weiter in die Tiefe und immer näher an Toule, wo wir unseren Mechaniker Termin haben und unsere Marie den allerletzten Schliff für die große Fahrt bekommt.

Erst ab Toule werden wir „fremde“ Gewässer befahren. Denn bis hierhin war ja alles noch mehr oder weniger vor der Haustür.

Also - bleibt uns gewogen

Sonntag, Juni 2, 2019

St. Phil

Frankreich ist eine Industrienation, und auch wenn wir es an vielen Stellen dieses wunderschönen Landes viel zu schnell vergessen, zwischen Dombasle und Nancy wird es einem rasch bewusst.

Doch der Tag begann erst einmal mit einem Rehbock:

Aus einiger Entfernung sah Karl wie ein Rehbock versuchte die Spundwand des Kanals hochzukommen. Er stoppte auf und überlegte wie er dem Tier helfen konnte. Durch das näherkommende Schiff wurde der Rehbock langsam panisch, gab schließlich sein Vorhaben auf, drehte sich um und schwamm auf die andere Kanalseite. Dort stieg das Kanalbett allmählich an, und so war es ihm ein Leichtes, an das Ufer zu kommen und ehe wir noch die Stelle erreicht hatten, an der er herausgesprungen war, sah Karl ihn auch schon übers Feld laufen. - Ende gut, alles gut.

Kurz darauf begann dann die Industrie mit weißem Gold, das die Region bereits seit Jahrhunderten prägt. Es wird aus den Bergen geschürft und ganz raffiniert essbar gemacht. Vor 500 jahren wurde das weiße Gold per Floß über die Mosel nach Metz gebracht, später ging vieles über den Rhein-Marne-Karnal, auch ein Grund warum sich die Salinen immer weiter von der Mosel entfernt hatten. Für die Firma Solvay - Dombasle fuhren einst 160 Frachter, heute verroten drei Frachter vor der Abfüllanlage, von der wir nicht genau wissen, ob sie überhaupt noch in Betrieb ist.

Dann sehen wir unvermittelt den großen Walfisch über dem Kanal, bei Varangeville, knapp 20 km östlich von Nancy. Wir kennen das Bild. Haben wir doch seit vielen Jahren ein großes Salzgefäß mit dem blauen Wal in unserem Campinggeschirr. Gekauft irgendwo in Südfrankreich, von der Arktis träumend, und doch vom Kanal - fast ganz nah an zu Hause.

Liegeplatz zwischen Dombasle und Nancy

Ein Liegeplatz in dieser Region ist nicht leicht zu finden. Letztes Jahr hatten wir bei Varangeville übernachtet und das war uns dort zu laut. Das wollten wir diesmal ändern und sind bis St. Phlin weitergefahren. Sah auf der Karte recht ruhig aus und als wir die Schleuse dort erreichten, hatten wir ohnehin keine Wahl mehr, denn es war bereits nach halb sieben und die Schleusen geschlossen.

Nun - um es kurz zu machen. Es gibt in der Region auch Zementfabriken, ganz nah am Kanal, und rund um die Uhr!!!

St. Phil ist kein Ort um die Nacht zu verbringen!!!

Soviel für heute

Toul - Meaux

Mittwoch, Juni 5, 2019 Toul

Montag und Dienstag sind wir nun also den kleinen Verbindungskanal zwischen Nancy und Toul gefahren. Dieser hübsche Wasserweg ist nur 12 Kilometer lang, dennoch haben wir Stunden auf ihm zugebracht, eine Vollwäsche und eine Übernachtung inklusive. Warum? Nun, der hübsche kleine Kanal hat insgesamt 17 Schleusen, davon gehen 12 nach oben und 5 nach unten. Die Schleusen haben es in sich, denn die Poller sind mindestens 15 Meter weit auseinander bei einer Mauerhöhe von mindestens 3 Metern. Das ist bei einem Schiff von 10 Meter Länge gar nicht so einfach zu bewerkstelligen. Da half kein Schleusenhaken und auch kein Werfen, denn unsere Marie ist nicht so sehr hoch und wir bekamen die Leinen nicht ordentlich platziert. Da half nur noch, Leiter hochklettern und dort umlegen. Damit das alles etwas spannender wurde, war in manchen Schleusen die Leiter auf der anderen Seite des Bedienelements ;-). Für Menschen die so viel Höhenangst haben wie ich eine echte Herausforderung! Ich kann es Euch sagen.

Aber nicht nur die Tücke der Technik hat uns an diesem Montag herausgefordert. Auch das Wetter war von Beginn an nicht koscher, was ein Blick auf die Wolkenbilder bestätigt. Nun ja, wir zwei waren dann doch zu zuversichtlich, oder vielleicht ob all der Anforderungen einfach nur nicht mehr in der Lage Prioritäten zu setzen. Zunächst machten wir das Verdeck runter, denn selbstredend sind die Brücken über den Schleusen bei der Ausfahrt für unser Boot, na sagen wir mal - genau passend.  Als nächstes dann kletterte Karl die Leiter hoch, ich warf Seilchen, er hängte um und ehe er noch wieder runterkletterte öffnete sich der Himmel. Vollständig. Es wurde sehr, sehr nass. Oben, unten, auf der Leiter natürlich auch und überhaupt. Nach dem Schleusenvorgang haben wir erst einmal angelegt, Tee getrunken und uns aufgewärmt.

Ein Mittagschläfchen später kam die Sonne wieder heraus und wir kletterten weiter die Schleusentreppe hinauf. Ich diesmal auf die Leiter und von dort aus lief ich zu Fuß von Schleuse zu Schleuse, fing die Leine, bediente, hielt und lief weiter. Noch weitere zehn Mal. Dann waren wir oben und ein paar Hundert Meter später ging es dann auch wieder bergab. Diesmal mit nur einer Leine an der Mittelklampe und nur bis 6:00  Uhr. Dann war Schleusenwärterfeierabend, und das bedeutete auch für uns war Schluss.

Am Dienstag ging es dann frohen Mutes weiter und am Nachmittag dann waren wir endlich in Toul. Jetzt warten wir nur noch auf die Solarpaneele und schon kann es losgehen.

In Erwartung ruhiger Tage

Montag, Juni 10, 2019 Tombois

Hurra, wir haben heute die letzte Aufschleusung vor Paris hinter uns gebracht. Von nun an geht’s nur noch bergab. 70 Talschleusen haben wir vor uns, nachdem wir jetzt bereits schon 27 Bergschleusen seit Toul hinter uns gebracht haben. Das ging übrigens sehr gut.

Die 9 Schleusen bis zum 867 Meter langen Tunnel de Foug hatten wir in weniger als 3 Stunden gemeinsam mit einem französischen Boot gemeistert. Reinfahren, festmachen, Stange ziehen - rausfahren. Selten so einfache und gleichmäßige Schleusen an diesem Kanal erlebt. Anschließend ging es durch den zum 867 Meter langen Tunnel de Foug. Am Nachmittag waren wir schon um 15:00 Uhr in Void. Passend zum Kaffee mit Wolfgang, der für dieses Jahr unser erster Besucher auf der Marie war und uns ein Stück von seinem Sonntag mitgebracht hatte. Danke dafür Wolfgang.

Heute dann ging es von Void 12 Schleusen auswärts bis zum Tunnel de Mauvags, 4785 km lang. Die 12 Schleusen sind wirklich ganz einfach zu meistern gewesen. Wir meldeten uns am Morgen an und fortan fuhren wir nur durch vorbereitete Schleusen. Eine wie die andere. Die Poller an genau den passenden Stellen, in der richtigen Höhe - es hat tatsächlich Spaß gemacht. Nach knapp vier Stunden war es überstanden. Der Tunnel wartete auf uns, doch vorher begann der Regen. Da wir das Verdeck unten hatten wurden wir ganz schön nass. So fuhren wir dann knapp 45 Minuten durch den kalten Tunnel, das hat die Fahrfreude tatsächlich etwas getrübt. Um Glück gab es wenige hundert Meter hinter dem Tunnel eine Liegestelle bei Tombois wo wir die Nacht verbringen. Ein malerisches Dorf. Es sieht ein wenig aus wie aus dem Märchen - und ich glaube es gibt verwunschene Pferde an diesem Ort, was denkt ihr?

Donnerstag, Juni 13, 2019 Bar-le-Duc

Wir haben Bergfest - oder besser Talfest, mit 39 abschleusungen haben wir mehr als die Hälfte der Schleusen bis Vitry-de-Francois geschafft. Gestern übernachteten wir in Ligny-en-Barrois. Im Kanalführer wird der Ort als Industriestadt bezeichnet, wenn man aus dem Saarland kommt und Völklingen oder Neunkirchen kennt, würde man das Städtchen niemals so benennen. Es ist eine Kleinstadt, nicht hübsch aber auch nicht hässlich. Es gibt ein paar sehr schöne Häuser, ein paar Bausünden. Aldi und Intermarché sind vom Hafen her gut mit dem Fahrrad zu erreichen. Dort gibt es außerdem einen Baumarkt und einen kleinen Laden mit allem, zu günstigen Preisen. Am Marktplatz haben wir einen günstigen Apéritif getrunken und in die Sonne geblinzelt, das war schön.

Heute sind wir in Bar-le-Duc über Nacht. Der Ort hat ein Schloss und eine historische Altstadt auf dem Berg. Die ist schön, interessant - und tot. Deutlich schöner ist die „Unterstadt“, auch ziemlich alt, mit vielen kleinen Geschäften, Bars und Restaurants und lebendig. Sie ist nur knapp 500 Meter vom Hafen entfernt. Der Weg geht hinter dem Bahnhofsgebäude über eine Brücke. Die Liegestelle hier ist leider wegen der stark befahrenen Straße und der Bahn recht laut.

Morgen fahren wir nur 4 Schleusen und knapp 4 km bis zu dem kleinen Ort Faines. Der soll sehr schön sein und sicher ruhiger als Bar-le-Duc.

Samstag, Juni 8, 2019 Toul

Seit 16:00 Uhr sind wir wieder auf dem Weg. Marie hat zwar keine Solaranlage bekommen - es bleibt in bestimmten Dingen weiterhin schwierig - dafür hat sich Jean-Paul ganz wunderbar um ihr Innenleben gekümmert. Ölwechsel, Filterwechsel und was auch immer sonst noch alles. Jean-Paul und sein Sohn haben geschafft, Karl hat assistiert und ich hab die Gelegenheit genutzt und die Kabinen geputzt. Nach einer kurzen Probefahrt, bei der unsere Marie von dem Mechaniker ganz doll gelobt wurde, sind wir dann einfach zwei Schleusen weitergefahren.

Die Nacht verbringen wir nun im Schoße von Vauban. Das ist der Typ, der überall, in Frankreich, in Deutschland und sogar in den Niederlanden nahezu immer die gleichen Festungen gebaut hat - Blaupausen sozusagen. Die wurden dann später, meist von den Franzosen, in Schutt und Asche gelegt. Auch die Festung rund um Toul ist von dem Herrn gebaut. Der hatte irgendwie sonst keine Hobbies.

Freitag, Juni 14, 2019 Fains-les-Source

Ich bin genervt! - Nichts funktioniert. Die Post kommt nicht an, ich muss irgendeine Nummer bekommen und eintragen, sonst funktioniert meine Kreditkarte nicht mehr - zumindest nicht im Internet -, ich muss mit der Krankenkasse kommunizieren und mit der Rentenversicherung. Was schwierig wird, denn ich habe mir zwar wohlweislich alle wichtigen Nummern abfotografiert mit meinem Handy - das liegt jedoch auf dem Grund des Kanals.

Und das ist das nächste was nicht funktioniert. Meine SIM kommt nicht an - und in zwei Wochen kommt Besuch - die könnten mir die heißersehnte Karte mitbringen und mir so den Kontakt mit der Außenwelt erleichtern.

Auf die Zugbrücke mussten wir übrigens fast eine Stunde warten, in der Schleuse... direkt hinteruns donnerte das Wasser runter- ohrenbetäubend!

Ach - es ist alles so nervig!

Ja - darüber hinaus liegen wir an einem recht schönen Platz, in einem wirklich schönen Ort. Das Wetter ist gut - und eigentlich hab ich gar keinen Grund zu meckern. Tat ich dann aber doch mal. SO!

Musste mal sein.

Ganz liebe Grüße

Montag, Juni 17, 201

Geschafft!!

97 Schleusen von Toul bis Vitry-le-François - wir haben sie gemeistert. Wir haben uns durch dichtes Kraut geschoben, vor verschlossenen Schleusentoren auf einen überarbeiteten VNF-Mitarbeiter gewartet. Wir sind durch kilometerlange Tunnel gefahren, haben uns an dicken Frachtern vorbeigeschoben, sich nicht öffnenden Zugbrücken zugeschaut und abgesperrte Anlegestege mit vier Booten belegt.

Jetzt ist der Weg offen. Eine große Tagesetappe führt uns hoffentlich heute bis Châlons-en-Champagne. Wir haben gute Aussichten es zu schaffen, sind in der Poole-Position, vor den Holländern - alle Schleusen sind für uns vorbereitet. Drückt uns die Daumen.

Mittwoch, Juni 19, 2019 Cumières

Nach 3 Wochen Kanalfahrt sind wir gestern, kurz vorm Anlegen, endlich in die Marne eingebogen. Um uns herum öffnet sich das weinbewachsene Tal. Was hier, sorgfältig gepflegt und aufgebunden, der Sonne entgegen wächst wird einmal als Champagner in den Gläsern perlen.

Dementsprechend haben wir gestern Abend noch eine kleine Champagnerverkostung gemacht. Wir sind durch Cumières gestreift und an einem offenen Tor stehengeblieben. Dahinter befanden sich ein paar aufeinandergestapelte Stühle, ein Tisch, eine Theke - aber irgendwie sah das alles so aus, als sei es geschlossen und würde überhaupt nur zu besonderen Anlässen geöffnet werden. In diesem Augenblick kam die Hausherrin. Karl fragte auf Französisch, ob wir ihren Champagner probieren dürften. Sie überlegte, schaute sich um und nickte dann. Ihrem Sohn trug sie auf die Stühle aufzustellen, Kissen zu holen und uns fragte sie nach unseren Wünschen. Als sie mein stotterndes Französisch hörte, sprach sie Deutsch. Sehr gut, weil sie kam aus Straßburg. Wenig später perlten ein trockener und ein halbtrockener Champagner in unseren Gläsern - und sie schmeckten wirklich wunderbar.

Vor allem der trockene hatte es mir angetan. Bis unsere Gastgeberin mir ein Stück Zitronengebäck gab und mich aufforderte den halbtrockenen jetzt noch einmal zu probieren. Das war ein echtes Geschmackserlebnis. So ein Unterschied - und so ein wunderbarer Genuss. Wir haben dann eine Flasche gekauft und freuen uns jetzt schon darauf sie mit unseren Freunden, kurz vor Paris zu trinken. Wenn Ihr mehr über diesen Champagner erfahren wollt, dann schaut mal hier: Champagne Gabriel Boutet. https://www.champagne-gabriel-boutet.fr/fr/

Freitag, Juni 21, 2019 Meaux

So langsam komme ich in die Ruhe. Lasse meine Seele etwas lockerer aus ihrer Deckung aus Konvention, Schutzbedürfnis, Unsicherheit, alten Ängsten neuer Wut hervorkommen. Mein Blick verändert sich. Ich entdecke plötzlich die kleinen Dramen, die sich in meinem Gesichtsfeld ereignen.

Da ist der Kampf zwischen dem kleinen Vogel und dem großen Insekt. Spatz gegen Hornisse vermute ich mal, so genau konnte ich die Tiere dann doch nicht erkennen. Der Vogel jedenfalls hat verloren. Schnatternd flog er davon.

Vor ein paar Tagen beobachtete ich eine Elster und eine Katze.

Die Katze schlich auf freiem Feld als die Elster laut zeternd direkt vor ihr landete. Die Katze faucht und hängt für einen Augenblick zwischen Angriff und Flucht in der Zeit. Das nutzt die Elster. Ihr Kopf stößt nach vorn, das Gezeter wird immer lauter und die Katze weicht zurück. Dann besinnt sie sich, faucht, will angreifen.

Die Elster flattert auf, krächzt und schnattert und stößt zu. Immer und immer wieder. Mittlerweile ist eine Krähe hinzugekommen, dann eine weitere Elster. Das Geschnatter und Gezeter wird immer lauter.

Die Katze schwankt zwischen Angst und Wut. Sie weicht zurück, kommt wieder vor, versucht anzugreifen, weicht wieder zurück. Die Zahl der Vögel ist weiter angestiegen. Mittlerweile sind es zwei Elstern, eine Krähe eine Amsel und - ich glaub es kaum, eine Taube. Wobei diese nur in der Peripherie herumstolziert, während die schwarzen Vögel nun endlich die Katze vertrieben haben.

Dann ist wieder Ruhe. Die Tiere verziehen sich, ein jedes nach seiner Art.

Meaux - Auxerre

2. Juli

Ich weiß, ich habe lange nichts mehr von mir hören lassen. Grund: Liebe Freunde und Paris. Am Samstag haben Ilona und Rolf uns nach fünf wunderbaren gemeinsamen Tagen verlassen und seit Sonntag fahren wir nun die Marne hoch. Heute liegen wir in Melun, ca. 40 km von Paris entfernt und noch immer sehr städtisch und sehr viel Verkehr.

Wenn ihr wissen wollt, wie unsere Tage in der französischen Hauptstadt waren, dann könnt ihr das hier: Paris nachlesen.

Übermorgen geht es nach Fontainebleau.

 

4. Juli

Samois-sur-Seine

Zu Gast bei Königs

Heute waren wir in der Sommerresidenz der französischen Könige zu Gast. Das Schloss  Fontainebleau ist zwar deutlich kleiner als Versailles, aber nahezu genau so prächtig. Dafür ist es jedoch auch nicht so stark besucht und auch der Preis hält sich mit 12 Euro pro Person in Grenzen. Hinzu kommt, dass wir mit unserem Auido-Guide ganz selbstständig durch die prächtigen Hallen schlendern konnten.

Es war wirklich prunkvoll bei Königs, keine Frage. Aber ich bin froh, dass ich so nicht wohnen muss. Nahezu jeder Raum quillt über von Wandgemälden, Bildern, Stuck, Deckengemälden oder wunderbaren Kassettendecken, herrlichen Teppichen an Wänden und auf dem Boden und überschäumenden Möbeln mit Verzierungen etc. etc. Ich frage mich, was dieser Überfluss an Farben, Formen und bildlicher Darstellung mit dem Geist macht?  Andererseits, wenn ich so manchen überdimensionalen Fernseher sehe, der gefühlte 24 Stunden am Tag Bilder sendet …. Dann?

Aber davon wollte ich ja gar nichts sagen. Ich habe nur festgestellt dass Barock, Rokoko und auch die Renaissance offensichtlich sind nichts für mein schlichtes Gemüt sind. Trotzdem war es wirklich spannend einmal durch die Gemächer von Königen und - Napoleon sei Dank - Kaisern zu schreiten.

Besonders interessant war die Napoleon Ausstellung. Kein Wunder, denn die Stadt spielte in Napoleons Geschichte eine große Rolle. Hier unterschrieb er die Abdankungsurkunde und von hier aus ging er ins Exil. Die Ausstellung beinhaltet viele persönliche Dinge Napoleons. So konnten wir sowohl den Krönungs- wie auch den Soldatenmantel des kleinen Korsen bewundern, inklusive Biberpelzhut natürlich. Besonders spannend ein Reisenessecsaire das von einem Uhrmacher hergestellt wurde und auf kleinstem Raum alles unterbringt, was Kaiser so auf seinem Feldzug benötigt. -- Und ich sag Euch, so manche Hollywood-Diva kommt wahrscheinlich mit weniger aus.

Fontainebleau selbst ist eine hübsche kleine Stadt die außer dem prächtigen Schloss noch viele sehr schöne, herrschaftliche Häuser hat. Wir liegen in Samois-sur-Seine, dem Ort an dem Django Reinhardt gelebt hat und gestorben ist. Sein Erbe ist hier noch sehr lebendig. Überall beobachten wir Musiker die mit ihren Instrumenten die Cafés und Restaurants des Ortes besuchen und Musik machen. Allerdings ist am Wochenende ein Django Reinhardt Festival.

So, das wars jetzt erst mal wieder von uns

6. Juli

Bray-sur-Seine

Kalkutta liegt am Ganges

Isabella liegt in der Seine….

Eine der beiden Aussagen ist richtig! Dreimal dürft ihr raten welche.

Wir sind die Seine immer weiter raufgefahren, bis in die Petite Seine, so nennt sie den Fluss oberhalb der Einmündung der Yonne. Hier oben ist der große Strom kaum breiter. als die Saar. Die gesamte Region ist vom Sandabbau geprägt. Zahlreiche Baggerseen prägen die Landschaft und die reichhaltige Tierwelt. Unser Ziel war Bray-sur-Seine. Ein netter kleiner Ort mit Supermarkt und „Suprette“, einem kleinen Laden in dem es neben dem Notwendigsten (Obst, Tiefkühlpizza, Wein,…) auch afrikanische Kleider, Taschen und Schuhe zu kaufen gibt und der rund um die Uhr geöffnet ist.

Der Ort selbst ist weder schön noch hässlich. Die Anlegestelle ist zwar etwas heruntergekommen, liegt dafür aber ganz traumhaft an einem kleinen Park. Das Liegen ist kostenlos, inklusive Strom. Wir haben hier zwei wunderbare Tage verbrach. Als wir Samstag ankamen gab es einen Angel- Wettbewerb. Das ganze Ufer war von Anglern bevölkert, die uns jedoch freundlich begrüßten als wir mit unserer Marie inmitten der badenden Würmchen am Anlegestek festmachten. Der Wettbewerb war sicher super spannend. Auch wenn wir so lange wir an Deck waren nicht einen einzigen Fisch gesehen hatten, weder am Wasser noch am Haken. Dies änderte sich übrigens schlagartig, als der letzte Angler seine deutlich mehr als sieben Sachen gepackt und das Ufer verlassen hatte. Da sprangen die kleinen und großen Fischlein wieder munter aus dem Wasser und umkreisten neugierig unser Boot.

Kaum waren die Angler verschwunden kamen die Musiker. Einige Meter vom Ufer entfernt baute eine kleine Big Band ihre Bühne auf, stellte Tische und Stühle dazu und einige duzend Menschen feierten einen Sommersamstagabend. Es war wunderschön. Wir aßen an Deck, lauschten der Musik und freuten uns an einem traumhaften Sonnenuntergang. Einziger Wehrmutstropfen in dieser klingenden Idylle war eine junge Bachstelze. Ihre Geschichte, ein Drama.

Ich beobachtete das Kleine, wie es mit seinen Eltern über das Wasser flog, immer etwas tiefer und mit lautem, lebensfrohem Gezwitscher. Dann geschah das Unglück. Das Kleine stürzte ab und landete in der Seine. Es dauerte nicht lange bis ich begriff, dass das Junge nicht mehr alleine aufsteigen kann. Karl schnappte sich unseren Kescher und eilte hinunter zum Steg. Das Junge schrie wie am Spieß, die Eltern ebenfalls und wir versuchten den Spagat zwischen nicht stören und trotzdem helfen hinzubekommen. Das war schwierig genug. Irgendwann gab das Junge auf, trieb still auf dem Wasser und kam endlich so nah ans Ufer heran, dass Karl es mit dem Kescher herausfischen konnte.

Jetzt zappelte im Netz und wir stellten uns die Frage, was wir als nächstes tun sollten? Erster Gedanke, legen wir das Kleine in die Abendsonne, denn es zitterte schon sehr, aber nicht zu nah ans Wasser. Gesagt getan. Wir legten den Kescher ab, entfernten uns rasch und warteten hoffnungsfroh auf die herbeieilenden Eltern. Doch nicht geschah. Das Kleine war zu schwach zum Schreien, die Eltern hörten es nicht mehr und riefen auch nicht danach. Als dann auch noch Gefahr bestand, dass ein kleiner Hund, der sich unaufhörlich näherte, dem Vögelchen zu nah kommen würde, eilten wir zu ihm. Ich schüttelte es behutsam aus niedriger Höhe aus dem Käscher, in der Hoffnung, dass es dann fliegen würde. Doch es purzelte nur in den kleinen Strohhaufen, den ich wohlweislich darunter positioniert hatte. Mittlerweile waren ein paar Spaziergänger auf uns aufmerksam geworden, betrachteten den Vogel und gaben mehr oder weniger gute Ratschläge auf französich. (Was wir mehr oder weniger gut verstanden). Irgendwann dann als das Junge mehrfach seine Flügel gespreizt hatte versuchte ich es erneut zum Fliegen zu animieren. Es zappelte,  flog wenige Zentimeter auf und landete weich auf dem Boden. Dort schrie es. Sofort wurden seine Eltern wieder aktiv, stürzten sich auf die Stelle wo wir das Junge gefunden hatten und umkreisten das Wasser und den Steg. Das war uns Signal genug den Jungvogel so nah wie möglich dorthin zu bringe, wo seine Eltern ihn verloren hatten. Also setzten wir ihn in die Mitte vom Steg, weit genug vom Rand - so hofften wir. Jetzt stand der frohen Widervereinigung nichts mehr im Weg dachten wir und gingen auf unser Boot. Als die sich noch immer nichts tat gingen in unser Boot, damit wir die Wiedersehensfreude ja nicht störten. Doch es geschah nichts. Die Eltern riefen das Junge ununterbrochen doch das Vogelkind blieb stumm.

Angelockt von dem Lärm landete eine fette Taube auf dem Steg. Neugierig näherte sie sich unserem Kleinen, welches erschrocken herumflatterte und im Wasser landete. Es folgten die Schreie seiner Eltern und Zieheltern. Noch einmal rannten wir mit dem Kescher bewaffnet zum Fluss, doch es war zu spät. Das Kleine trieb unter den Steg wo wir es von keiner Seite mehr erreichen konnten. Wir haben noch eine ganze Zeitlang versucht zu helfen, hilflos wie wir waren. Auch seine Eltern riefen und flogen nun wieder über das Wasser und den Steg - obwohl wir ganz in der Nähe waren. Doch nach einigen Minuten gaben sie auf und wir auch.

Vielleicht gibt es einige unter Euch die es besser gemacht hätten. Sicher gibt es welche die glauben, es besser gemacht zu haben – Wir jedenfalls haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Es hat nicht gereicht. Wieder ist ein Vogeljunges nicht wirklich flügge geworden.

Wie fragil das Leben von Jungtieren ist, wird uns auf unserer Reise immer häufiger bewusst. Wir lernen Entenfamilien die am Tag unserer Abfahrt weniger Junge haben, als am unserer Ankunft. Sehr häufig sehen wir Schwäne, Gänse oder Enten die jetzt nur noch ein Junges bei sich haben. Auf unserer Badeplattform hatte im Frühjahr  ein Haubentaucherpärchen genistet.  Im Nest lagen 5 Eier und fünf Junge sind auch aus dem Nest geflüchtet. In unserer letzten Woche in Saarbrücken hatte da Paar dann nur noch eins. So, oder so ähnlich ist die Natur. Am folgenden Morgen bekamen wir übrigens Besuch zum Frühstück. Die Kleinfamilie Schwan, Vater, Mutter ein Kind stellten sich pünktlich ein, kaum dass wir das Baguette ausgewickelt hatten.

17. Juli Tonnere

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit

Da sind sie, die Ideale der französischen Revolution und genau diese wollte ich feiern, als wir am Vorband des 14. Juli in Auxerre festmachten.

Der Hafen war zur Hälfte geräumt, denn er liegt direkt an der Brücke von der aus das Feuerwerk gezündet wurde. Wir wurden aufgefordert uns einen Platz in der zweiten Reihe zu suchen und tatsächlich, während wir ganz langsam an den festgemachten Booten vorbeizogen winkte uns ein freundliches belgisches Paar bei. Wir durften längsseits von ihnen festmachen. Das bedeutete auch, einen sozusagen unverbaubaren Blick auf das Feuerwerk. Was für ein Luxus. Die restlichen Stunden nutzen wir dazu die Stadt anzuschauen und uns über die alten Kirchen und wunderschönen Fachwerkhäuser zu freuen. Dann gingen wir in den gut sortierten Supermarkt. Wir waren zu viert. Zwei liebe Freundinnen aus Saarbrücken, Karl und ich, und ich hatte mir in den Kopf gesetzt ein Festessen zum festlichen Anlass zu kochen.

So wurde es tatsächlich ein Festtag. Wir saßen auf unserem Boot, genossen Crevetten, Lammkotelett, Merquez, Couscous und Gemüse. Dazu Winzersekt und Rosé und alle waren wir etwas feiner gekleidet als üblich bei einer solchen Fahrt - was dem Ganzen irgendwie einen noch festlicheren Anstrich gab.

Während wir also aßen defilierten die Schaulustigen an uns vorbei auf der Suche nach dem besten Platz. Viele setzten sich uns gerade gegenüber auf die Wiese am Rand. Ein aufgeregtes Stimmengewirr erfüllte die Luft. Der Duft von Gebratenem, voreilig gezündeten privaten Böllern und unserem eigenen Essen verwöhnte unsere Nasen, es war einfach schön. Eine prickelnde Gespanntheit lag über dem Geschehen. Anders als ich es von Weihnachten oder Sylvester kenne, beinahe noch festlicher. Dann wurde es dunkel - und dann - endlich erklang die Musik und die ersten Raketen erleuchteten den Nachthimmel. Das Feuerwerk war atemberaubend und wir hatten die besten Plätze. Und das in so netter Atmosphäre mit euch beiden, Karin und Ilka - es war einer der schönsten Abende dieser Reise. Danke ihr zwei.

Jetzt aber dann doch noch was zum Anlass! Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Die hohen Ideale der französischen Revolution. Wir alle haben Anlass den 14. Juli zu feiern, denn ganz Europa hat von den mutigen Frauen und Männern der Revolution profitiert.

Höre ich da die Stimmen derer die mir antworten, dass das Ganze in Chaos und Blutvergießen geendet ist? Ja - stimmt.

Höre ich die Stimmen derer die mir sagen, dass es wahre Freiheit gar nicht gibt, das Gleichheit nur ein Traum ist und jeder, der Geschwister hat weiß, was er von der Brüderlichkeit zu halten hat? Ja - stimmt auch!!

Aber - Das Ideal ist in der Welt. Es ist noch immer nicht verwirklicht und wird vielleicht niemals verwirklicht werden. Aber dass wir es denken, dass es immer wieder Menschen, Organisationen und sogar Politiker gibt (ich weiß dass das auch Menschen sind….) die nach diesen Grundsätzen zu handeln versuchen ist ein großer Erfolg. Ein Erfolg ,der mit ein paar vom Hunger und der Verzweiflung mutig gemachten Frauen - die Männer kamen erst später dazu - angefangen hat.

Das wollte ich nur mal sagen, aus Anlass des 14. Juli.

PS: Heute ist schon der 17. Juli und wir sind in Tonnere am Canal de Bourgogne.

Canal de la Bourgogne

25. Juli 2019 Veneray

Eine Handbreit Wasser unterm Kiel

Welch ein frommer Wunsch, den uns so mancher Freund in den vergangenen Wochen mit auf den Weg gegeben hat. Ich danke euch allen dafür! Denn eine Handbreit reicht, wir haben es getestet. Wenngleich die Fahrt dadurch wirklich spannend wird.

Kanal du Bourgogne, wenige Tage bevor er zu einem großen Teil geschlossen werden wird. Aber wir wollen noch durch und das ist wirklich abenteuerlich.

Man hat uns viele Gründe genannt, warum wir den Kanal nicht fahren sollen. Von Kraut war die Rede, das sich in die Schraube dreht und den Wasserfilter verstopft. Außerdem soll er vollkommen überlaufen sein und die Schleusenwärter wären unfreundlich.

Bullshit!! Ja, es gibt manchmal Stellen mit viel Grünzeug im Wasser. Doch das ist deutlich weniger als im westlichen Rhein-Marne-Kanal und Probleme mit der Schraube hatten wir bis jetzt noch keine. Karl musste den Wasserfilter etwas öfter säubern als auf der Seine, aber alles in allem war das kein Problem. Überlaufen ist der Kanal ebenfalls nicht. Weder von anderen Booten noch vom Wasser, aber dazu später. Und was die Schleusenwärter betrifft. Sie sind unübertroffen. Unübertroffen freundlich, hilfsbereit und lustig außerdem. Heute hat mir sogar einer einen dicken Strauß Wiesenblumen geschenkt.

Die Schleusen sind hier noch handbetrieben. Eine Gruppe von zwei bis vier Schleusenwärtern begleiten jedes Schiff über einen größeren Zeitraum. Sie kümmern sich ums schleusen um den Wasserstand und ja - sie machen von 12:00 Uhr bis 13:00 Uhr Pause und um 19:00 Uhr Feierabend. Das hat den ein oder anderen „Hobby-Kapitän“ der uns auf der Strecke begegnet ist erzürnt. Wie können die sich einfach erlauben Pause zu machen, wenn er mit seiner Linsen jetzt gerade hier lang möchte. Nun gut, mir mit unserer alten Marie haben die Pausen genossen.

Das eigentliche Problem am Kanal ist der Wasserstand und die Tatsache, dass wir deshalb den ersten Teil dieses wunderschönen Kanals viel zu schnell hinter uns bringen müssen. Zwischen der Schleuse 73 und 71 hatten wir eine Wassertiefe von knapp 130 cm, bei einem Tiefgang von 110 cm. Da musste Karl ganz schön genau die Spur halten. Dennoch sind wir immer wieder mal durch den Schlamm gestreift. Kein schönes Gefühl kann ich euch sagen.

Bald erzähle ich euch noch mehr über diesen schönen Kanal und zeige auch ein paar Bilder dazu.

Juli 2019 Vandenesse-en-Auxois

Das Schleusenmonster

Ehe der Mensch die Aussicht der Höhe bewundern darf, ist er gezwungen den Aufstieg zu bewältigen. Das gilt für  Bootsfahrer ebenso, wie für Wanderer oder Fahrradhelden. In unserem Fall bedeutete das eine große Anzahl von Schleusen, die sich kurz vor dem höchsten Punkt zum, von mir so bezeichneten „Schleusenmonster“ verdichteten. Das Monster lauert zwischen Veneray les Laumes und Puilly-en-Auxois mit 56 Schleusen auf 40 km.

Unsere erste Tagesetappe ging von Venery bis Marirgny-le-Cahouet. Das war mit 11 km und 28 Schleusen die anstrengendste Etappe der gesamten Reise. Am Ziel angekommen war für Karl jedoch noch lange nicht Schluss. Unser Impeller hat die Strecke nicht überstanden und während ich mich ausruhte musste Karl in den Motorraum, der ziemlich aufgewärmt war, das Ersatzteil wechseln.

Die nächste Tagesetappe führte uns nach Pont Royale. Sie war relativ kurz, wir kamen schon am frühen Nachmitttag an. Hier hatten wir das Monster so gut wie bezwungen. Auf den restlichen 22 km erwarteten uns nur noch 13 Schleusen und eine schleusenfreie Strecke von 10 km. In Puilly-en-Auxois hatten wir den Scheitelpunkt des Kanals erreicht. Ab jetzt liegt der Weg frei vor uns. Denn die Schließung des Kanals, die ab dem 27. Juli in Kraft tritt gilt von hier aus in Richtung Yonne.

Trotzdem blieb uns noch ein großes Abendteuer. Der Tunnel von Puilly. Er ist knapp 3,5 km lang, an der höchsten Stelle ca. 3,50 Meter hoch und ca. 5,40 Meter breit. Da heißt es ganz genau in der Mitte fahren.

Jetzt liegen wir im wunderschönen Vandenesse-en-Auxois, am Fuße des Châteauneuf und bewegen uns die nächsten Tage nicht von der Stelle. Zumindest nicht mit dem Schiff.

13.08.2019

Gemütliche Tage in Dijon

Seit ein paar Tagen sind wir nun in Dijon, genießen den hübschen kostenlosen Hafen mit Wasser und Strom und erlaufen und erradeln uns die Stadt. Dijon ist kein wunderbarer Gesamtentwurf, kein Metz und schon gar kein Paris. Dijon ist eine lebendige Stadt mit vielen schönen Details. An jeder Ecke erwartet uns eine kleine Besonderheit. Es gibt hübsche Parkanlagen, die in keinem Reiseführer stehen - wie die vor unserem Boot - und ganz bekannte Parks, die - naja eben da sind.

Das Touristenbüro von Dijon erklärt die Eule zu ihrem Symbol - ich würde eher den Eisbären nehmen. Dieser steht im Musée de Beaux-Art, ist von François Pompon gestaltet, der wiederum von Rhodin beeinflusst wurde und das sieht man. Eine hübsche Kopie steht am Beginn des Jardin Darcy und ist für mich das Schönste an diesem Garten.

In der Kirche Saint-Philibert gibt es einen Jesus der eher wie ein Buddha aussieht - und auch so eine Ausstrahlung hat. Der Place Gangier hat nicht nur ein schönes, aber nicht ganz so ungewöhnliches Postgebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert sondern ein sehr ungewöhnliches Art Nouveau Haus von Louis Perreau.

Am Samstag waren wir in den Markhallen - die von der Firma Eiffel gebaut wurde, was wahrscheinlich auf mehr als zwei Drittel aller französischen Markthallen zutrifft. Ein wenig sehen sie alle aus wie vom Fließband, was ihrer Schönheit in meinen Augen keinen Abbruch tut. Hier jedenfalls haben wir uns am Samstag so richtig französisch verhalten. Wir haben am Mittag schon Wein getrunken und Lachsterrine gegessen. - Ich weiß, einige von Euch hätten Austern bevorzugt - wir nicht.

Anschließend gab es eine Senfprobe. Denn Dijon ist auch und vor allem eine Stadt des Senfes. Der Mutarde de Dijon  ist bekannt und das mit Recht. Wir haben uns für ein schönes Tongefäß mit traditionellem Dijonsenf und ein Glas Estragon-Senf entschieden. Lecker!

Ein hübscher Ort ist die Placette Garibaldi. Hier ist es einfach eine bemalte Wand, ein wirklich schönes Denkmal des italienischen Freiheitskämpfers und ein paar gut platzierte Bäume. All das macht den Charme dieses hübschen Viertels aus.

Morgen werden wir ein anderes Dijon kennenlernen. Mit einem gemieteten Auto werden wir unsere Kühlbox aus der Reparatur abholen, ins Ikea fahren und verschiedene andere Geschäfte aufsuchen. Alltag, ganz neu. Ich bin mal gespannt wie das auf uns wirkt.

Nachtrag: Morgen war gestern. Wir sind den ganzen Tag mit unserem hübschen neuen Twingo herumgefahren. Jetzt haben wir eine funktionierende Kühlbox, ein paar neue Klamotten, die Vorratsschränke voll, eine Lampe auf dem Oberdeck und ein paar Kleinigkeiten mehr. Ich war ziemlich froh, als wir das Auto wieder abgestellt hatten. So ne Autobahn ist doch ganz schön stressig, laut, schnell - und hässlich.

29.08.2019 Chalon sur Saone

Über Funklöcher, Fremde und Freunde

Wir haben lange nichts von uns hören lassen und dafür gab es gleich eine ganze Reihe von Gründen. Alle waren sie wunderbar.

Es begann in Dijon. Dort trafen wir auf ein nettes australisches Paar, unsere Nachbarn am Steg. Sie hatten von Freunden ein Petanque Spiel geschenkt bekommen, kannten das Spiel jedoch nicht gut genug. Nun, da konnten wir helfen. So spielten wir mit Robert und Anna Boule, tranken Wein und verbrachten einen schönen Abend zusammen.

Ähnlich ging es weiter. Unseren Weg von Dijon nach St. Jean-deLosne verbrachten wir in netter Schleusengemeinschaft mit einem anderen australischen Ehepaar, deren Schiff auf den wunderbaren Namen Eben Heazer getauft war. Mit diesen beiden verbrachten wir schöne Stunden im angeregten Gespräch. Die zwei Tage bis nach St. Jean-de-Losne verflogen wie im Fluge. Übrigens, diese gerade Strecke ist in Wahrheit deutlich schöner, als sie auf der Karte ausschaut. Also d'ont worry, der Canal de Bourgogne ist tatsächlich von Anfang bis Ende schön.

Ein besonderes High Light war dann die Ankunft in St. Jean de Losne. John und Jean fuhren mit ihrem großen Schiff vor uns an den, an diesem Tag schon sehr vollen, Landungssteg direkt bei der Stadt. Sie trafen dort Bekannte und konnten sich längsseits legen. Während wir noch suchend die Schiffsreihen abfuhren schalte ein "Karl" "Isabella" von der Promenade auf die Saone. Robert und Anna waren schon da und riefen uns zu, dass sie ihren Liegeplatz am Hafen gefunden hatten. Doch dort wollten wir eigentlich nicht sein. Unsere Hoffnung war Jan, der Kapitän des Barbaren. Ein topfitter Holländer, der deutlich älter ist, als er aussieht und den wir fragen wollte ob wir an seinem Schiff festmachen durften. Aber Jan war nicht da und ohne zu fragen macht man nicht fest. Es war dann ein Engländer, der uns einen Platz in der Nähe der Liegestelle zeigte, wie geschaffen für eine ruhige Nacht. Doch vorher gab es noch einiges Hallo und Cheers und wunderbare Gespräche.

Am nächsten Morgen schließlich fanden wir unseren Liegeplatz am Kai, später gab es weitere Boulespiele mit Robert und Anna, eine Einladung zum Dinner und viele schöne Gespräche bis wir schließlich unter viel Winken und Abschiedsschmerz drei Tage später ablegten.

Unser Weg führte uns in den Canal entre Champagne et Bourgogne, wo unser Lieblingsflüsschen, die Vingeanne fließt. Dort waren wir mit Katja und Berthold verabredet. Wir verließen also freundlich Fremde um uns mit unseren  - zugegeben schon sehr vermissten - Freunden zu treffen.

An diesem Punkt ein kurzer Einwand von mir. Ich genieße die Zeit hier sehr. Es geht uns wirklich gut, wir haben tolles Wetter, sehen wunderbare Dinge und verstehen uns als Paar ganz prima. Trotzdem vermisse ich Euch.

Ich vermisse die gemeinsamen Abende, die Boulespiele, die anregenden Kaffeenachmitage, die Doko-Runden, die Shoppingtouren, die Spaziergänge, die Rad- und Wandertouren, die Tanzfeste … überhaupt alle was wir gemeinsam mit Euch unternehmen.

Umso schöner, dass wir immer wieder Besuch bekommen mit denen wir so manches davon erleben. In diesem Fall waren es vor allem die Radtouren.

So verbrachten wir ein paar schöne Tage an der wunderschönen Vingeanne. Eine herrliche Landschaft und eine fast nicht vorhandene Infrastruktur. Es gibt kaum Handynetz, wenig Brot und andere Lebensmittel fast keine Restaurants. Nur Kühe, Landschaft, Wasser - und Schönheit. Zum Glück haben Katja und Berthold eine ganze Menge Essen mitgebracht, sodass wir nicht Hungern mussten.

Eine Woche verbrachten wir in dieser stillen Einsamkeit, dann waren wir wieder auf der Saone. Erster Hafen hier - Auxonne. Dort trafen wir den Barbaren wieder und ein schwedisches Rasta-Pärchen das bereits seit zwei Jahren mit einem winzigkleinen Segelboot mit Außenborder unterwegs ist. Sie leben von dem, was sie unterwegs verdienen. Da Anja Friseurin ist, konnten wir etwas zu ihrem Lebensunterhalt beitragen und uns endlich mal wieder die Haare schneiden lassen. Zwei Tage später ging es zurück nach St. Jean-de-Losne.

Robert und Anna waren noch da. Wir spielten wieder, revanchierten uns mit dem Dinner und verabschiedeten uns traurig, unter Austausch der Kontaktdaten und mit der Hoffnung uns nächstes Jahr sicher wieder zu sehen.

Seit dem 28 August nun sind wir auf dem Weg in den Süden. Die Saone runter in die Rhone, der wir fast bis ins Meer folgen. Südlich weht der Wind - der zweite Teil unsere Reise hat begonnen!

Saône, Rhône - Moissac Nov. 2019

Der Sonne entgegen

Freitag, August 30, 2019

La Saône

Diamanten springen über die Wellen, glitzern mal hier, mal dort - lassen sich nicht greifen Die Sonne liegt vor uns, die Schaumkronen tummeln sich in unserem Kiel, es ist Sommer. Ein verlängerter Sommer, ich kann es spüren.

Der erste Halt auf unserem Weg zu einem Winter ohne Schnee war Verdun-sur-le-Doubs. Ein schönes mittelalterliches Städtchen. Der Hafen ist jedoch alles andere als schön. Wie die Ölsardinen liegen die Schiffe nebeneinander, ohne Steg dazwischen, Rumpf an Rumpf. Auf dem angrenzenden Platz spielten wir Boule unter Beobachtung von fachkundigem Publikum. Wir haben uns nicht blamiert.

Am nächsten Tag ging es weiter ein Stück den Doubs hinauf. Wir wollten gerne schwimmen, fanden aber keinen Liegeplatz und drehten so, kurz bevor der kleine Fluss nicht mehr schiffbar ist. Auch auf der Saône fanden wir keinen Platz, an dem wir hätten anlegen und schwimmen können. So versuchten wir es endlich! Das Ankern!

Wir gingen also vor Anker. (Warum auch immer das so heißt, schließlich ist der Anker am Bug und wir liegen sozusagen hinter dem Anker.... Oder hat es was mit der Wind- und Flussrichtung zu tun?) Jedenfalls probierten wir es zum ersten Mal aus und es hat wunderbar geklappt. Beim Schwimmen bin ich zum ersten Mal ganz um unser Schiff herumgeschwommen. Das war ein wunderbarer Anblick.

Chalon-sur-Saône begrüßte uns mit brüllender Hitze und strahlend weißen Schwänen. Der Liegeplatz - kostenfrei, ganz in der Nähe der Altstadt. Wunderbar. Wir genossen die kühlen engen Gassen, die belebten Plätze und betrachteten die schönen Fassaden alter Häuser. Ich fand ein paar wunderschöne Sandalen und am Abend wehte leise Musik zu uns herüber.

Die kommende Nacht wollten wir in Tournus verbringen, doch dort war alles belegt. Also ging es weiter in die Selle, wo wir in La Truchere festmachten. Hier waren wir vor Jahren mit Freunden. Seither hat sich viel getan. Wo es vormals nur einen Steg gab, sind jetzt ein Mietbootverleih, ein großes Restaurant und ziemlich viel "Halligalli". Trotzdem war es schön und am Abend sogar ruhig. Alles gut.

Jetzt schwimmen wir wieder auf der Saône - einen Ankerplatz suchend - der Sonne entgegen.

Die Saône, der Mistral und die Rhône

Viviers

In Lyon trifft die Saône auf die Rhône und hier haben wir unsere erste Begegnung mit dem Nordwind gemacht, der durch das lange Tal der beiden Flüsse von Nord nach Süd dem Mittelmeer entgegenweht. Er ist kalt und mit Windgeschwindigkeiten bis 70 Stundenkilometern zurzeit angeblich noch nicht stark. Uns ist er stark genug.

Kurz vor Lyon hat er sich von hinten angeschlichen, wobei schleichen in dem Zusammenhang das wirklich falsche Wort ist. Da wir ihn jedoch im Rücken hatten, haben wir ihn schlicht unterschätzt. Beim Anlegen im Hafenbecken von Lyon rächte sich das ganz schnell. Drei Helfer konnten nicht verhindern, dass sich das Schiff im Hafen gedreht hat. Es war nichts weiter passiert, außer, dass wir dann eben mit dem Heck angelegt hatten. Zu unserer Ehrenrettung muss gesagt sein, dass der Wind an diesem Tag zum einen besonders stark war und er sich in dem auf drei Seiten hoch umbauten Hafenbecken auch gestaut hat und sozusagen von allen Seiten gleichzeitig ankam.

Wie auch immer. Wir haben es dem Nordwind, der einige Kilometer weiter südlich dann auf den schönen Namen Mistral hört, zu verdanken, dass sich unser Aufenthalt in Lyon von drei auf fünf Tage verlängert hat - und das war gut so. Denn Lyon ist wunderschön. So schön, dass ich dafür extra einen eigenen Artikel schreibe.

Seit zwei Tagen sind wir nun nochmal unterwegs. Der Mistral bläst noch immer unverdrossen weiter. Er beginnt in der Regel um die Mittagszeit, weht dann am frühen Nachmittag so richtig los um in den frühen Abendstunden seinen Höhepunkt zu erreichen. Das führt dazu, dass wir Morgens richtig früh loslegen. Wer mich kennt weiß, dass ich nicht der geborene Frühaufsteher bin. Aber gegen den Mistral bin ich machtlos.

Das es morgens dann noch etwas kälter ist, könnt ihr auf dem Foto zweifelsfrei erkennen. Doch trotz Wind und früher Stunde kommen wir gut voran.

Während das Saône-Tal mit seinen sanften Hügeln und hübschen Orten sehr lieblich ist - zumindest solange der breite Fluss kein Hochwasser hat, bietet die Rhône ganz unterschiedliche Eindrücke. Da sind zum einen schroffe Felsen und weiter Blicke bis zu den Alpen. An vielen Stellen ist der Strom gestaut. Hier wirkt sie beinahe wie ein See und hat, gerade bei dem starken Wind auch ganz schöne Wellen. Es gibt schöne Städte am Wegesrand und natürlich auch Industrie. Kurz - die Rhône begeistert uns. Sie ist deutlich schöner als wir erwartet hatten und wir freuen uns darauf, sie im Frühjahr mit mehr Zeit wieder hochzufahren. Dann werden wir uns all die hübschen Orte am Wegesrand anschauen.

Montag, September 30, 2019 -- Die Carmague mit dem Boot

Viel zu tun und viel zu sehen

Die letzten Wochen waren abwechslungsreich und wunderschön. Meine Arbeit, die ich ja auch habe, hat mich sehr in Anspruch genommen, weshalb leider keine Zeit fand zu schreiben. Das will ich jetzt wengstens für die Carmargue nachholen.

Wie eine verträumte, verzauberte Sumpflandschaft begrüßt mich die Carmargue an einem heißen Tag. Über allem schwebt ein silbriger Dunst, der die Luft schwer macht und das Leben leicht.

Die Carmargue geizt nicht mit ihren Reizen. Ganz im Gegenteil. Gleich auf den ersten Metern begrüßt sie uns mit ihren hübschen hellen Pferdchen. Sind sie wild? Sind sie gezähmt? Eingezäunt sind sie jedenfalls nicht. Kurz darauf erkenne ich die ersten Stiere auf den nassen Wiesen. Jetzt fehlen nur noch - war das ein Flamingo? - Nein war es nicht, das war meine Fantasie, die den Reiher mal flugs in rosa Farbe getunkt hat.

Trotzdem ist die Welt hier ganz schön anders, Betonung auf ganz schön und auf anders. Das Land ist flach, die Wiesen nass und von kleinen und größeren Wasserflächen durchzogen. Meterhohes Schilf steht am Kanalrand, eine Vielzahl unterschiedlicher Vögel malt neue Formen in den Himmel und bringt, vor allem in den Abendstunden nie gehörte Klänge hervor.

Mit dem Rad fahren wir ein wenig ins Hinterland, hinein in ein kleines Dorf. Flamencomusik füllt den Dorfplatz, der von einer Kirche mit spanischem Glockenturm dominiert wird. Die Musik dröhnt aus den Boxen der Bar, deren Tische und Stühle bevölkert sind von einer recht homogenen Gruppe Dörfler zwischen 15 und 85 - schätze ich mal. Ihre Gemeinsamkeit, qualmen, trinken und viel lachen. Die Anzahl der Zähne im Mund nimmt mit zunehmendem Alter ab. Einzige Ausnahme, die beiden Dorfschönheiten. Vermutlich zwei Schwestern mit einem Altersunterschied von ca. 10 Jahren. Aber ich schweife ab.

Zwei Tage später legen wir wieder ab und fahren bis St. Gilles. Wir finden einen Platz direkt gegenüber einem kleinen Restaurant das von einer jungen Frau mit einer knapp 10 jährigen Tochter betrieben wird. Die Welt wirkt träge. Um uns herum die Boote sind teilweise ziemlich abgefuckt, es gibt Unrat und unfertige Häuser und doch hat alles seinen Charme. Irgendwie Südsee, irgendwie spanisch - irgendwie schon fast Nordafrika - alles nur nicht französisch. Selbst das martialische Kriegerdenkmal auf dem Dorfplatz fehlt. Nur in der Cave - da gibt es wie gewohnt guten Wein.

Der Eindruck verändert sich schlagartig, als wir auf Aigues-Mortes zufahren. Ja- hier sind wir in Europa. In dem alten Europa aus dem im 12. Jahrhundert. Die längste erhaltene Wehrmauer des alten Kontinents schützt die Altstadt seit Jahrhunderten. Dahinter erkennt man das Meer!

Wir haben es geschafft. Wir sind mit unserem eigenen Boot von Saarbrücken an Meer gefahren. Am nächsten Tag machen wir eine kleine Radtour an den Strand. Endlich baden im Salzwasser. Der Weg war lang.

Warten auf den Sturm

Mittwoch, Oktober 23, 2019

Castelnaudary

Manchmal gibt es die Ruhe vor dem Sturm, manchmal gibt es die Ruhe danach und manchmal - ja manchmal gibt es keinen Sturm.

Aber erst einmal der Reihe nach. Es wird Herbst, auch in Südfrankreich. Seit ungefähr einer Woche werden die Blätter bunt und die Temperaturen fallen. Also nicht zu tief  - immerhin hatten wir gestern noch 22° C. im Schatten - Sonne schien keine. Allerdings lässt uns der Wind nicht mehr los. Seit der Rhône ist er ein regelmäßiger Begleiter und zwingt uns immer wieder dazu im Hafen zu bleiben.

Das letzte mal war in Argens-Minervois. Da hatte er bereits mehere Tage gewütet und unsere Nerven lagen schließlich blank. Also verbrachten wir ein paar Tage im Hafen und leckten unsere Wunden. Seither versuchen wir unser Fahrttempo dem Wind anzupassen. Um welche Zeit wir losfahren, wie lange unsere Tagesetappen sind und ob wir eine Pause einlegen, all das weiß ganz allein der Wind.

Diesmal jedoch wollten wir uns von ihm nicht in die Suppe spucken lassen. Wir kamen am Freitag in Castelnaudary an und unser Plan sah vor, dass wir am Samstag bleiben um einzukaufen und Sonntag weiterziehen, denn für Montag und Dienstag war Sturm angesagt. Aber der Ort hat uns so gut gefallen, dass wir uns am Sonntag dazu entschieden haben, die Sturmtage hier zu verbringen. In diesem heimeligen kleinen Städtchen mit Geschäften und Cafés und einer Reihe von Engländern, die hier bereits ihren Winterliegeplatz haben. Sollte der Stum doch kommen - uns ärgerte er diesmal nicht.

Nun, der Sturm kam. Er überrollte Narbonne, er fegte das Wasser im Etang de Thau auf meterhohe Wellen und der fällte einen Baum bei Villepinte - das ist ca. 10 km von uns. Wir hatten keinen Wind. Noch nicht einmal ein laues Lüftchen. Nichts.

Jetzt, am Abend des letzten Sturmtages knattern die Fahnen im Winde. Die Wolkendecke ist aufgerissen und es sieht aus, als hätten wir morgen dann endlich mal wieder einen Fahrtag vor uns. Die freien Tage habe ich übrigens gut genutzt. Ich habe gerarbeitet und endlich einen schönen Bericht über den Canal du Midi geschrieben: Guckst du hier.

Angekommen

Sonntag, November 3, 2019

Moissac

Nun, wir sind angekommen. Nicht, dass das unser Ziel gewesen wäre - aber letztendlich fühlt es sich doch genauso an, als wären wir am Ziel. Seltsam. Für alle, die jetzt nicht wirklich wissen was ich meine eine kurze Erklärung.

Wir werden den Winter über hier in Moissac verbringen, im Grunde eigentlich nur, weil die Saison für dieses Jahr vorbei ist. Die meisten Kanäle sind über Winter geschlossen, da geht es nicht mehr weiter. Moissac liegt am Canal latéral à la Garonne, zwischen Toulouse und Bordeaux.

Am 31. Oktober sind wir angekommen. Der kleine Ort war voller kleiner Hexen, fürchterlicher Monster und unzähliger Vampire. Sie rannten in die Läden, kicherten in den Straßenecken und eine kleine Hexe traute sich sogar bis an unser Boot. Sie wollte Bonbons, aber das habt ihr euch sicherlich bereits gedacht. Bei unserer Ankunft schien die Sonne und es war so warm, dass wir unser Mittagessen auf Deck im T-Shirt einnehmen konnten. Am Abend dann kam der Regen. Der hält sich seither tapfer. Heute ist Wind hinzugekommen. Wir sitzen kuschelwarm in unserem Boot, unser kleiner Lüfter heizt behaglich und ich nutze die freien Stunden um lecker zu kochen und, um unsere Webseite umzugestalten. Es wird also auch im Winter in hoffentlich etwas kürzeren Abständen neue Beiträge geben.

Im Winterlager

Moissac

Es ist erstaunlich, wie ruhig das Leben hier an uns vorbeizieht. Langsamer, als die Regentropfen, die beinahe unablässig über unsere Fenster laufen. Seit wir hier sind regnet es beinahe ohne Unterlass. Ein sehr ungewöhnliches Wetter, wie uns die Einheimischen mitteilen. Was sind wir doch für Glückskinder.

Die Einheimischen zumindest sind eingepackt, als wollten Sie den Nordpol bereisen. Wir hingegen freuen uns über tagsüber ca. 14 Grad und die Sonnenstrahlen, die immer wieder durch die Wolken blitzen und dann auch wirklich wärmen.

Im Boot ist es schnell kalt, das kann sich wohl jeder denken. Aber so langsam haben wir herausgefunden, wie wir das Boot heizen ohne es zu überhitzen oder auszukühlen. Auch die Feuchtigkeit haben wir mittlerweile ganz gut im Griff.

Moissac ist ein hübscher kleiner Ort in dem es alles gibt, was wir brauchen. Keineswegs selbstverständlich für die Region. Leider haben wir noch wenige Kontakte zu anderen Bootsfahrern, obwohl hier etliche Schiffe bewohnt sind. Aber die haben sich wohl die letzten Wochen nicht aus dem Boot getraut, weil es so oft geregnet hat. Nun denn, so bleibt uns Zeit zum Schreiben, Bilder angucken, Pläne schmieden und um unser schönes Schiff noch ein wenig schöner zu machen.

  1. Nein, wir sind nicht auf den Hund gekommen. Auf dem Foto ist Maurice zu sehen, der Hund unseres Nachbarn. Er liebt Karl und springt sofort an ihm hoch, wann immer er ihn sieht. Kapitäne unter sich, sozusagen.

Moissac bis Juni 2020

Begonnen hatten wir das Jahr 2020 bei guten Freunden in Saarbrücken. Voller Freude und Aufregung erzählten wir von unserer Reise, zeigten Bilder und sogar einen kleinen Film. Erst am 28. Januar fuhren wir wieder zurück zur Marie nur um wenige Tage später für ein paar Wochen nach Marokko zu reisen.

Ab dem 10. Februar 2020 waren wir dann fest in unserem Winterlager. Zwischenzeitlich hatten wir auch unsere Nachbarn kennengelernt. Da war Adrian mit seinem wunderbaren Lächeln der uns bereits voller Freude erwartet hatte und wie alte Bekannte begrüßte.

Im Hafen gegenüber lag die Tesserae, das Boot von Les und Carolyn von denen wir uns damals noch nicht vorstellen konnten, wie eng wir in dem vor uns liegenden Jahr zusammenwachsen würde. Claire und Patrick die beiden Franzosen uns gegenüber blieben leider stets ein wenig am Rande, da wir uns meist auf Englisch unterhielten. Zu unserer Gruppe gehörten weiterhin noch der lustige Australier Stuart und seine französische Freundin Christine, der snobistische Engländer Peter und ein paar andere.

Doch das gesellige Beisammensein wurde aus uns allen bekannten Gründen rasch beendet. Wer wollte und konnte nahm die letzten Reisemöglichkeiten in sein Heimatland und wir anderen – hielten „soziale Distanz“.

Dennoch erlebte ich im Obstparadies Moissac einen der schönsten Frühlinge meines Lebens. Wegen Corona ging unsere Fahrt erst am 2. Juni 2020 los.

Hier ein paar ausgewählte Bilder der ersten Monate in Moissac:

Ach ja, bei der Auswahl der Bilder habe ich mich wieder an die leckeren Erdbeeren, die günstigen Kiwis, die herrlichen Artischocken erinnert und an unsere Vorratshaltung.

Juni 2020

Unterwegs mit Tesserae

Am 2. Juni sind wir endlich mit Marie aus dem Hafen gefahren, allerdings nur bis ins wenige Kilometer entfernte Castelsarrasin. Dort kam das alte Mädchen aus dem Wasser und wir siedelten um auf die Tesserae.

Dort blieben wir 10 Tage die wie im Flug vergingen. Das war der Beginn einer Freundschaft die uns über das gesamte Jahr getragen hat. Der Weg führte uns zunächst nach Montauban. Von dort aus ging es mit dem Auto zurück nach Castelsarrasin, wo wir unser Schiff wieder in Empfang nahmen. Drei Tage später trafen wir die Amerikaner dann erneut in Montech und tuckerten dann gemütlich nach Toulouse, wo wir Mitte Juni ankamen.

Karl und ich verabschiedeten uns dann am 23. Juni in Toulouse von Les und Carolyn und dachten, wir würden uns erst einige Wochen später wieder in Castelnaudary treffen. Doch weit gefehlt... Warum genau könnt ihr hier nachlesen.

 

 

Meaux - Auxerre

2. Juli

Ich weiß, ich habe lange nichts mehr von mir hören lassen. Grund: Liebe Freunde und Paris. Am Samstag haben Ilona und Rolf uns nach fünf wunderbaren gemeinsamen Tagen verlassen und seit Sonntag fahren wir nun die Marne hoch. Heute liegen wir in Melun, ca. 40 km von Paris entfernt und noch immer sehr städtisch und sehr viel Verkehr.

Wenn ihr wissen wollt, wie unsere Tage in der französischen Hauptstadt waren, dann könnt ihr das hier: Paris nachlesen.

Übermorgen geht es nach Fontainebleau.

 

4. Juli

Samois-sur-Seine

Zu Gast bei Königs

Heute waren wir in der Sommerresidenz der französischen Könige zu Gast. Das Schloss  Fontainebleau ist zwar deutlich kleiner als Versailles, aber nahezu genau so prächtig. Dafür ist es jedoch auch nicht so stark besucht und auch der Preis hält sich mit 12 Euro pro Person in Grenzen. Hinzu kommt, dass wir mit unserem Auido-Guide ganz selbstständig durch die prächtigen Hallen schlendern konnten.

Es war wirklich prunkvoll bei Königs, keine Frage. Aber ich bin froh, dass ich so nicht wohnen muss. Nahezu jeder Raum quillt über von Wandgemälden, Bildern, Stuck, Deckengemälden oder wunderbaren Kassettendecken, herrlichen Teppichen an Wänden und auf dem Boden und überschäumenden Möbeln mit Verzierungen etc. etc. Ich frage mich, was dieser Überfluss an Farben, Formen und bildlicher Darstellung mit dem Geist macht?  Andererseits, wenn ich so manchen überdimensionalen Fernseher sehe, der gefühlte 24 Stunden am Tag Bilder sendet …. Dann?

Aber davon wollte ich ja gar nichts sagen. Ich habe nur festgestellt dass Barock, Rokoko und auch die Renaissance offensichtlich sind nichts für mein schlichtes Gemüt sind. Trotzdem war es wirklich spannend einmal durch die Gemächer von Königen und - Napoleon sei Dank - Kaisern zu schreiten.

Besonders interessant war die Napoleon Ausstellung. Kein Wunder, denn die Stadt spielte in Napoleons Geschichte eine große Rolle. Hier unterschrieb er die Abdankungsurkunde und von hier aus ging er ins Exil. Die Ausstellung beinhaltet viele persönliche Dinge Napoleons. So konnten wir sowohl den Krönungs- wie auch den Soldatenmantel des kleinen Korsen bewundern, inklusive Biberpelzhut natürlich. Besonders spannend ein Reisenessecsaire das von einem Uhrmacher hergestellt wurde und auf kleinstem Raum alles unterbringt, was Kaiser so auf seinem Feldzug benötigt. -- Und ich sag Euch, so manche Hollywood-Diva kommt wahrscheinlich mit weniger aus.

Fontainebleau selbst ist eine hübsche kleine Stadt die außer dem prächtigen Schloss noch viele sehr schöne, herrschaftliche Häuser hat. Wir liegen in Samois-sur-Seine, dem Ort an dem Django Reinhardt gelebt hat und gestorben ist. Sein Erbe ist hier noch sehr lebendig. Überall beobachten wir Musiker die mit ihren Instrumenten die Cafés und Restaurants des Ortes besuchen und Musik machen. Allerdings ist am Wochenende ein Django Reinhardt Festival.

So, das wars jetzt erst mal wieder von uns

6. Juli

Bray-sur-Seine

Kalkutta liegt am Ganges

Isabella liegt in der Seine….

Eine der beiden Aussagen ist richtig! Dreimal dürft ihr raten welche.

Wir sind die Seine immer weiter raufgefahren, bis in die Petite Seine, so nennt sie den Fluss oberhalb der Einmündung der Yonne. Hier oben ist der große Strom kaum breiter. als die Saar. Die gesamte Region ist vom Sandabbau geprägt. Zahlreiche Baggerseen prägen die Landschaft und die reichhaltige Tierwelt. Unser Ziel war Bray-sur-Seine. Ein netter kleiner Ort mit Supermarkt und „Suprette“, einem kleinen Laden in dem es neben dem Notwendigsten (Obst, Tiefkühlpizza, Wein,…) auch afrikanische Kleider, Taschen und Schuhe zu kaufen gibt und der rund um die Uhr geöffnet ist.

Der Ort selbst ist weder schön noch hässlich. Die Anlegestelle ist zwar etwas heruntergekommen, liegt dafür aber ganz traumhaft an einem kleinen Park. Das Liegen ist kostenlos, inklusive Strom. Wir haben hier zwei wunderbare Tage verbrach. Als wir Samstag ankamen gab es einen Angel- Wettbewerb. Das ganze Ufer war von Anglern bevölkert, die uns jedoch freundlich begrüßten als wir mit unserer Marie inmitten der badenden Würmchen am Anlegestek festmachten. Der Wettbewerb war sicher super spannend. Auch wenn wir so lange wir an Deck waren nicht einen einzigen Fisch gesehen hatten, weder am Wasser noch am Haken. Dies änderte sich übrigens schlagartig, als der letzte Angler seine deutlich mehr als sieben Sachen gepackt und das Ufer verlassen hatte. Da sprangen die kleinen und großen Fischlein wieder munter aus dem Wasser und umkreisten neugierig unser Boot.

Kaum waren die Angler verschwunden kamen die Musiker. Einige Meter vom Ufer entfernt baute eine kleine Big Band ihre Bühne auf, stellte Tische und Stühle dazu und einige duzend Menschen feierten einen Sommersamstagabend. Es war wunderschön. Wir aßen an Deck, lauschten der Musik und freuten uns an einem traumhaften Sonnenuntergang. Einziger Wehrmutstropfen in dieser klingenden Idylle war eine junge Bachstelze. Ihre Geschichte, ein Drama.

Ich beobachtete das Kleine, wie es mit seinen Eltern über das Wasser flog, immer etwas tiefer und mit lautem, lebensfrohem Gezwitscher. Dann geschah das Unglück. Das Kleine stürzte ab und landete in der Seine. Es dauerte nicht lange bis ich begriff, dass das Junge nicht mehr alleine aufsteigen kann. Karl schnappte sich unseren Kescher und eilte hinunter zum Steg. Das Junge schrie wie am Spieß, die Eltern ebenfalls und wir versuchten den Spagat zwischen nicht stören und trotzdem helfen hinzubekommen. Das war schwierig genug. Irgendwann gab das Junge auf, trieb still auf dem Wasser und kam endlich so nah ans Ufer heran, dass Karl es mit dem Kescher herausfischen konnte.

Jetzt zappelte im Netz und wir stellten uns die Frage, was wir als nächstes tun sollten? Erster Gedanke, legen wir das Kleine in die Abendsonne, denn es zitterte schon sehr, aber nicht zu nah ans Wasser. Gesagt getan. Wir legten den Kescher ab, entfernten uns rasch und warteten hoffnungsfroh auf die herbeieilenden Eltern. Doch nicht geschah. Das Kleine war zu schwach zum Schreien, die Eltern hörten es nicht mehr und riefen auch nicht danach. Als dann auch noch Gefahr bestand, dass ein kleiner Hund, der sich unaufhörlich näherte, dem Vögelchen zu nah kommen würde, eilten wir zu ihm. Ich schüttelte es behutsam aus niedriger Höhe aus dem Käscher, in der Hoffnung, dass es dann fliegen würde. Doch es purzelte nur in den kleinen Strohhaufen, den ich wohlweislich darunter positioniert hatte. Mittlerweile waren ein paar Spaziergänger auf uns aufmerksam geworden, betrachteten den Vogel und gaben mehr oder weniger gute Ratschläge auf französich. (Was wir mehr oder weniger gut verstanden). Irgendwann dann als das Junge mehrfach seine Flügel gespreizt hatte versuchte ich es erneut zum Fliegen zu animieren. Es zappelte,  flog wenige Zentimeter auf und landete weich auf dem Boden. Dort schrie es. Sofort wurden seine Eltern wieder aktiv, stürzten sich auf die Stelle wo wir das Junge gefunden hatten und umkreisten das Wasser und den Steg. Das war uns Signal genug den Jungvogel so nah wie möglich dorthin zu bringe, wo seine Eltern ihn verloren hatten. Also setzten wir ihn in die Mitte vom Steg, weit genug vom Rand - so hofften wir. Jetzt stand der frohen Widervereinigung nichts mehr im Weg dachten wir und gingen auf unser Boot. Als die sich noch immer nichts tat gingen in unser Boot, damit wir die Wiedersehensfreude ja nicht störten. Doch es geschah nichts. Die Eltern riefen das Junge ununterbrochen doch das Vogelkind blieb stumm.

Angelockt von dem Lärm landete eine fette Taube auf dem Steg. Neugierig näherte sie sich unserem Kleinen, welches erschrocken herumflatterte und im Wasser landete. Es folgten die Schreie seiner Eltern und Zieheltern. Noch einmal rannten wir mit dem Kescher bewaffnet zum Fluss, doch es war zu spät. Das Kleine trieb unter den Steg wo wir es von keiner Seite mehr erreichen konnten. Wir haben noch eine ganze Zeitlang versucht zu helfen, hilflos wie wir waren. Auch seine Eltern riefen und flogen nun wieder über das Wasser und den Steg - obwohl wir ganz in der Nähe waren. Doch nach einigen Minuten gaben sie auf und wir auch.

Vielleicht gibt es einige unter Euch die es besser gemacht hätten. Sicher gibt es welche die glauben, es besser gemacht zu haben – Wir jedenfalls haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt. Es hat nicht gereicht. Wieder ist ein Vogeljunges nicht wirklich flügge geworden.

Wie fragil das Leben von Jungtieren ist, wird uns auf unserer Reise immer häufiger bewusst. Wir lernen Entenfamilien die am Tag unserer Abfahrt weniger Junge haben, als am unserer Ankunft. Sehr häufig sehen wir Schwäne, Gänse oder Enten die jetzt nur noch ein Junges bei sich haben. Auf unserer Badeplattform hatte im Frühjahr  ein Haubentaucherpärchen genistet.  Im Nest lagen 5 Eier und fünf Junge sind auch aus dem Nest geflüchtet. In unserer letzten Woche in Saarbrücken hatte da Paar dann nur noch eins. So, oder so ähnlich ist die Natur. Am folgenden Morgen bekamen wir übrigens Besuch zum Frühstück. Die Kleinfamilie Schwan, Vater, Mutter ein Kind stellten sich pünktlich ein, kaum dass wir das Baguette ausgewickelt hatten.

17. Juli Tonnere

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit

Da sind sie, die Ideale der französischen Revolution und genau diese wollte ich feiern, als wir am Vorband des 14. Juli in Auxerre festmachten.

Der Hafen war zur Hälfte geräumt, denn er liegt direkt an der Brücke von der aus das Feuerwerk gezündet wurde. Wir wurden aufgefordert uns einen Platz in der zweiten Reihe zu suchen und tatsächlich, während wir ganz langsam an den festgemachten Booten vorbeizogen winkte uns ein freundliches belgisches Paar bei. Wir durften längsseits von ihnen festmachen. Das bedeutete auch, einen sozusagen unverbaubaren Blick auf das Feuerwerk. Was für ein Luxus. Die restlichen Stunden nutzen wir dazu die Stadt anzuschauen und uns über die alten Kirchen und wunderschönen Fachwerkhäuser zu freuen. Dann gingen wir in den gut sortierten Supermarkt. Wir waren zu viert. Zwei liebe Freundinnen aus Saarbrücken, Karl und ich, und ich hatte mir in den Kopf gesetzt ein Festessen zum festlichen Anlass zu kochen.

So wurde es tatsächlich ein Festtag. Wir saßen auf unserem Boot, genossen Crevetten, Lammkotelett, Merquez, Couscous und Gemüse. Dazu Winzersekt und Rosé und alle waren wir etwas feiner gekleidet als üblich bei einer solchen Fahrt - was dem Ganzen irgendwie einen noch festlicheren Anstrich gab.

Während wir also aßen defilierten die Schaulustigen an uns vorbei auf der Suche nach dem besten Platz. Viele setzten sich uns gerade gegenüber auf die Wiese am Rand. Ein aufgeregtes Stimmengewirr erfüllte die Luft. Der Duft von Gebratenem, voreilig gezündeten privaten Böllern und unserem eigenen Essen verwöhnte unsere Nasen, es war einfach schön. Eine prickelnde Gespanntheit lag über dem Geschehen. Anders als ich es von Weihnachten oder Sylvester kenne, beinahe noch festlicher. Dann wurde es dunkel - und dann - endlich erklang die Musik und die ersten Raketen erleuchteten den Nachthimmel. Das Feuerwerk war atemberaubend und wir hatten die besten Plätze. Und das in so netter Atmosphäre mit euch beiden, Karin und Ilka - es war einer der schönsten Abende dieser Reise. Danke ihr zwei.

Jetzt aber dann doch noch was zum Anlass! Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Die hohen Ideale der französischen Revolution. Wir alle haben Anlass den 14. Juli zu feiern, denn ganz Europa hat von den mutigen Frauen und Männern der Revolution profitiert.

Höre ich da die Stimmen derer die mir antworten, dass das Ganze in Chaos und Blutvergießen geendet ist? Ja - stimmt.

Höre ich die Stimmen derer die mir sagen, dass es wahre Freiheit gar nicht gibt, das Gleichheit nur ein Traum ist und jeder, der Geschwister hat weiß, was er von der Brüderlichkeit zu halten hat? Ja - stimmt auch!!

Aber - Das Ideal ist in der Welt. Es ist noch immer nicht verwirklicht und wird vielleicht niemals verwirklicht werden. Aber dass wir es denken, dass es immer wieder Menschen, Organisationen und sogar Politiker gibt (ich weiß dass das auch Menschen sind….) die nach diesen Grundsätzen zu handeln versuchen ist ein großer Erfolg. Ein Erfolg ,der mit ein paar vom Hunger und der Verzweiflung mutig gemachten Frauen - die Männer kamen erst später dazu - angefangen hat.

Das wollte ich nur mal sagen, aus Anlass des 14. Juli.

PS: Heute ist schon der 17. Juli und wir sind in Tonnere am Canal de Bourgogne.

Canal de la Bourgogne

25. Juli 2019 Veneray

Eine Handbreit Wasser unterm Kiel

Welch ein frommer Wunsch, den uns so mancher Freund in den vergangenen Wochen mit auf den Weg gegeben hat. Ich danke euch allen dafür! Denn eine Handbreit reicht, wir haben es getestet. Wenngleich die Fahrt dadurch wirklich spannend wird.

Kanal du Bourgogne, wenige Tage bevor er zu einem großen Teil geschlossen werden wird. Aber wir wollen noch durch und das ist wirklich abenteuerlich.

Man hat uns viele Gründe genannt, warum wir den Kanal nicht fahren sollen. Von Kraut war die Rede, das sich in die Schraube dreht und den Wasserfilter verstopft. Außerdem soll er vollkommen überlaufen sein und die Schleusenwärter wären unfreundlich.

Bullshit!! Ja, es gibt manchmal Stellen mit viel Grünzeug im Wasser. Doch das ist deutlich weniger als im westlichen Rhein-Marne-Kanal und Probleme mit der Schraube hatten wir bis jetzt noch keine. Karl musste den Wasserfilter etwas öfter säubern als auf der Seine, aber alles in allem war das kein Problem. Überlaufen ist der Kanal ebenfalls nicht. Weder von anderen Booten noch vom Wasser, aber dazu später. Und was die Schleusenwärter betrifft. Sie sind unübertroffen. Unübertroffen freundlich, hilfsbereit und lustig außerdem. Heute hat mir sogar einer einen dicken Strauß Wiesenblumen geschenkt.

Die Schleusen sind hier noch handbetrieben. Eine Gruppe von zwei bis vier Schleusenwärtern begleiten jedes Schiff über einen größeren Zeitraum. Sie kümmern sich ums schleusen um den Wasserstand und ja - sie machen von 12:00 Uhr bis 13:00 Uhr Pause und um 19:00 Uhr Feierabend. Das hat den ein oder anderen „Hobby-Kapitän“ der uns auf der Strecke begegnet ist erzürnt. Wie können die sich einfach erlauben Pause zu machen, wenn er mit seiner Linsen jetzt gerade hier lang möchte. Nun gut, mir mit unserer alten Marie haben die Pausen genossen.

Das eigentliche Problem am Kanal ist der Wasserstand und die Tatsache, dass wir deshalb den ersten Teil dieses wunderschönen Kanals viel zu schnell hinter uns bringen müssen. Zwischen der Schleuse 73 und 71 hatten wir eine Wassertiefe von knapp 130 cm, bei einem Tiefgang von 110 cm. Da musste Karl ganz schön genau die Spur halten. Dennoch sind wir immer wieder mal durch den Schlamm gestreift. Kein schönes Gefühl kann ich euch sagen.

Bald erzähle ich euch noch mehr über diesen schönen Kanal und zeige auch ein paar Bilder dazu.

Juli 2019 Vandenesse-en-Auxois

Das Schleusenmonster

Ehe der Mensch die Aussicht der Höhe bewundern darf, ist er gezwungen den Aufstieg zu bewältigen. Das gilt für  Bootsfahrer ebenso, wie für Wanderer oder Fahrradhelden. In unserem Fall bedeutete das eine große Anzahl von Schleusen, die sich kurz vor dem höchsten Punkt zum, von mir so bezeichneten „Schleusenmonster“ verdichteten. Das Monster lauert zwischen Veneray les Laumes und Puilly-en-Auxois mit 56 Schleusen auf 40 km.

Unsere erste Tagesetappe ging von Venery bis Marirgny-le-Cahouet. Das war mit 11 km und 28 Schleusen die anstrengendste Etappe der gesamten Reise. Am Ziel angekommen war für Karl jedoch noch lange nicht Schluss. Unser Impeller hat die Strecke nicht überstanden und während ich mich ausruhte musste Karl in den Motorraum, der ziemlich aufgewärmt war, das Ersatzteil wechseln.

Die nächste Tagesetappe führte uns nach Pont Royale. Sie war relativ kurz, wir kamen schon am frühen Nachmitttag an. Hier hatten wir das Monster so gut wie bezwungen. Auf den restlichen 22 km erwarteten uns nur noch 13 Schleusen und eine schleusenfreie Strecke von 10 km. In Puilly-en-Auxois hatten wir den Scheitelpunkt des Kanals erreicht. Ab jetzt liegt der Weg frei vor uns. Denn die Schließung des Kanals, die ab dem 27. Juli in Kraft tritt gilt von hier aus in Richtung Yonne.

Trotzdem blieb uns noch ein großes Abendteuer. Der Tunnel von Puilly. Er ist knapp 3,5 km lang, an der höchsten Stelle ca. 3,50 Meter hoch und ca. 5,40 Meter breit. Da heißt es ganz genau in der Mitte fahren.

Jetzt liegen wir im wunderschönen Vandenesse-en-Auxois, am Fuße des Châteauneuf und bewegen uns die nächsten Tage nicht von der Stelle. Zumindest nicht mit dem Schiff.

13.08.2019

Gemütliche Tage in Dijon

Seit ein paar Tagen sind wir nun in Dijon, genießen den hübschen kostenlosen Hafen mit Wasser und Strom und erlaufen und erradeln uns die Stadt. Dijon ist kein wunderbarer Gesamtentwurf, kein Metz und schon gar kein Paris. Dijon ist eine lebendige Stadt mit vielen schönen Details. An jeder Ecke erwartet uns eine kleine Besonderheit. Es gibt hübsche Parkanlagen, die in keinem Reiseführer stehen - wie die vor unserem Boot - und ganz bekannte Parks, die - naja eben da sind.

Das Touristenbüro von Dijon erklärt die Eule zu ihrem Symbol - ich würde eher den Eisbären nehmen. Dieser steht im Musée de Beaux-Art, ist von François Pompon gestaltet, der wiederum von Rhodin beeinflusst wurde und das sieht man. Eine hübsche Kopie steht am Beginn des Jardin Darcy und ist für mich das Schönste an diesem Garten.

In der Kirche Saint-Philibert gibt es einen Jesus der eher wie ein Buddha aussieht - und auch so eine Ausstrahlung hat. Der Place Gangier hat nicht nur ein schönes, aber nicht ganz so ungewöhnliches Postgebäude aus dem frühen 20. Jahrhundert sondern ein sehr ungewöhnliches Art Nouveau Haus von Louis Perreau.

Am Samstag waren wir in den Markhallen - die von der Firma Eiffel gebaut wurde, was wahrscheinlich auf mehr als zwei Drittel aller französischen Markthallen zutrifft. Ein wenig sehen sie alle aus wie vom Fließband, was ihrer Schönheit in meinen Augen keinen Abbruch tut. Hier jedenfalls haben wir uns am Samstag so richtig französisch verhalten. Wir haben am Mittag schon Wein getrunken und Lachsterrine gegessen. - Ich weiß, einige von Euch hätten Austern bevorzugt - wir nicht.

Anschließend gab es eine Senfprobe. Denn Dijon ist auch und vor allem eine Stadt des Senfes. Der Mutarde de Dijon  ist bekannt und das mit Recht. Wir haben uns für ein schönes Tongefäß mit traditionellem Dijonsenf und ein Glas Estragon-Senf entschieden. Lecker!

Ein hübscher Ort ist die Placette Garibaldi. Hier ist es einfach eine bemalte Wand, ein wirklich schönes Denkmal des italienischen Freiheitskämpfers und ein paar gut platzierte Bäume. All das macht den Charme dieses hübschen Viertels aus.

Morgen werden wir ein anderes Dijon kennenlernen. Mit einem gemieteten Auto werden wir unsere Kühlbox aus der Reparatur abholen, ins Ikea fahren und verschiedene andere Geschäfte aufsuchen. Alltag, ganz neu. Ich bin mal gespannt wie das auf uns wirkt.

Nachtrag: Morgen war gestern. Wir sind den ganzen Tag mit unserem hübschen neuen Twingo herumgefahren. Jetzt haben wir eine funktionierende Kühlbox, ein paar neue Klamotten, die Vorratsschränke voll, eine Lampe auf dem Oberdeck und ein paar Kleinigkeiten mehr. Ich war ziemlich froh, als wir das Auto wieder abgestellt hatten. So ne Autobahn ist doch ganz schön stressig, laut, schnell - und hässlich.

29.08.2019 Chalon sur Saone

Über Funklöcher, Fremde und Freunde

Wir haben lange nichts von uns hören lassen und dafür gab es gleich eine ganze Reihe von Gründen. Alle waren sie wunderbar.

Es begann in Dijon. Dort trafen wir auf ein nettes australisches Paar, unsere Nachbarn am Steg. Sie hatten von Freunden ein Petanque Spiel geschenkt bekommen, kannten das Spiel jedoch nicht gut genug. Nun, da konnten wir helfen. So spielten wir mit Robert und Anna Boule, tranken Wein und verbrachten einen schönen Abend zusammen.

Ähnlich ging es weiter. Unseren Weg von Dijon nach St. Jean-deLosne verbrachten wir in netter Schleusengemeinschaft mit einem anderen australischen Ehepaar, deren Schiff auf den wunderbaren Namen Eben Heazer getauft war. Mit diesen beiden verbrachten wir schöne Stunden im angeregten Gespräch. Die zwei Tage bis nach St. Jean-de-Losne verflogen wie im Fluge. Übrigens, diese gerade Strecke ist in Wahrheit deutlich schöner, als sie auf der Karte ausschaut. Also d'ont worry, der Canal de Bourgogne ist tatsächlich von Anfang bis Ende schön.

Ein besonderes High Light war dann die Ankunft in St. Jean de Losne. John und Jean fuhren mit ihrem großen Schiff vor uns an den, an diesem Tag schon sehr vollen, Landungssteg direkt bei der Stadt. Sie trafen dort Bekannte und konnten sich längsseits legen. Während wir noch suchend die Schiffsreihen abfuhren schalte ein "Karl" "Isabella" von der Promenade auf die Saone. Robert und Anna waren schon da und riefen uns zu, dass sie ihren Liegeplatz am Hafen gefunden hatten. Doch dort wollten wir eigentlich nicht sein. Unsere Hoffnung war Jan, der Kapitän des Barbaren. Ein topfitter Holländer, der deutlich älter ist, als er aussieht und den wir fragen wollte ob wir an seinem Schiff festmachen durften. Aber Jan war nicht da und ohne zu fragen macht man nicht fest. Es war dann ein Engländer, der uns einen Platz in der Nähe der Liegestelle zeigte, wie geschaffen für eine ruhige Nacht. Doch vorher gab es noch einiges Hallo und Cheers und wunderbare Gespräche.

Am nächsten Morgen schließlich fanden wir unseren Liegeplatz am Kai, später gab es weitere Boulespiele mit Robert und Anna, eine Einladung zum Dinner und viele schöne Gespräche bis wir schließlich unter viel Winken und Abschiedsschmerz drei Tage später ablegten.

Unser Weg führte uns in den Canal entre Champagne et Bourgogne, wo unser Lieblingsflüsschen, die Vingeanne fließt. Dort waren wir mit Katja und Berthold verabredet. Wir verließen also freundlich Fremde um uns mit unseren  - zugegeben schon sehr vermissten - Freunden zu treffen.

An diesem Punkt ein kurzer Einwand von mir. Ich genieße die Zeit hier sehr. Es geht uns wirklich gut, wir haben tolles Wetter, sehen wunderbare Dinge und verstehen uns als Paar ganz prima. Trotzdem vermisse ich Euch.

Ich vermisse die gemeinsamen Abende, die Boulespiele, die anregenden Kaffeenachmitage, die Doko-Runden, die Shoppingtouren, die Spaziergänge, die Rad- und Wandertouren, die Tanzfeste … überhaupt alle was wir gemeinsam mit Euch unternehmen.

Umso schöner, dass wir immer wieder Besuch bekommen mit denen wir so manches davon erleben. In diesem Fall waren es vor allem die Radtouren.

So verbrachten wir ein paar schöne Tage an der wunderschönen Vingeanne. Eine herrliche Landschaft und eine fast nicht vorhandene Infrastruktur. Es gibt kaum Handynetz, wenig Brot und andere Lebensmittel fast keine Restaurants. Nur Kühe, Landschaft, Wasser - und Schönheit. Zum Glück haben Katja und Berthold eine ganze Menge Essen mitgebracht, sodass wir nicht Hungern mussten.

Eine Woche verbrachten wir in dieser stillen Einsamkeit, dann waren wir wieder auf der Saone. Erster Hafen hier - Auxonne. Dort trafen wir den Barbaren wieder und ein schwedisches Rasta-Pärchen das bereits seit zwei Jahren mit einem winzigkleinen Segelboot mit Außenborder unterwegs ist. Sie leben von dem, was sie unterwegs verdienen. Da Anja Friseurin ist, konnten wir etwas zu ihrem Lebensunterhalt beitragen und uns endlich mal wieder die Haare schneiden lassen. Zwei Tage später ging es zurück nach St. Jean-de-Losne.

Robert und Anna waren noch da. Wir spielten wieder, revanchierten uns mit dem Dinner und verabschiedeten uns traurig, unter Austausch der Kontaktdaten und mit der Hoffnung uns nächstes Jahr sicher wieder zu sehen.

Seit dem 28 August nun sind wir auf dem Weg in den Süden. Die Saone runter in die Rhone, der wir fast bis ins Meer folgen. Südlich weht der Wind - der zweite Teil unsere Reise hat begonnen!

Saône, Rhône - Moissac Nov. 2019

Der Sonne entgegen

Freitag, August 30, 2019

La Saône

Diamanten springen über die Wellen, glitzern mal hier, mal dort - lassen sich nicht greifen Die Sonne liegt vor uns, die Schaumkronen tummeln sich in unserem Kiel, es ist Sommer. Ein verlängerter Sommer, ich kann es spüren.

Der erste Halt auf unserem Weg zu einem Winter ohne Schnee war Verdun-sur-le-Doubs. Ein schönes mittelalterliches Städtchen. Der Hafen ist jedoch alles andere als schön. Wie die Ölsardinen liegen die Schiffe nebeneinander, ohne Steg dazwischen, Rumpf an Rumpf. Auf dem angrenzenden Platz spielten wir Boule unter Beobachtung von fachkundigem Publikum. Wir haben uns nicht blamiert.

Am nächsten Tag ging es weiter ein Stück den Doubs hinauf. Wir wollten gerne schwimmen, fanden aber keinen Liegeplatz und drehten so, kurz bevor der kleine Fluss nicht mehr schiffbar ist. Auch auf der Saône fanden wir keinen Platz, an dem wir hätten anlegen und schwimmen können. So versuchten wir es endlich! Das Ankern!

Wir gingen also vor Anker. (Warum auch immer das so heißt, schließlich ist der Anker am Bug und wir liegen sozusagen hinter dem Anker.... Oder hat es was mit der Wind- und Flussrichtung zu tun?) Jedenfalls probierten wir es zum ersten Mal aus und es hat wunderbar geklappt. Beim Schwimmen bin ich zum ersten Mal ganz um unser Schiff herumgeschwommen. Das war ein wunderbarer Anblick.

Chalon-sur-Saône begrüßte uns mit brüllender Hitze und strahlend weißen Schwänen. Der Liegeplatz - kostenfrei, ganz in der Nähe der Altstadt. Wunderbar. Wir genossen die kühlen engen Gassen, die belebten Plätze und betrachteten die schönen Fassaden alter Häuser. Ich fand ein paar wunderschöne Sandalen und am Abend wehte leise Musik zu uns herüber.

Die kommende Nacht wollten wir in Tournus verbringen, doch dort war alles belegt. Also ging es weiter in die Selle, wo wir in La Truchere festmachten. Hier waren wir vor Jahren mit Freunden. Seither hat sich viel getan. Wo es vormals nur einen Steg gab, sind jetzt ein Mietbootverleih, ein großes Restaurant und ziemlich viel "Halligalli". Trotzdem war es schön und am Abend sogar ruhig. Alles gut.

Jetzt schwimmen wir wieder auf der Saône - einen Ankerplatz suchend - der Sonne entgegen.

Die Saône, der Mistral und die Rhône

Viviers

In Lyon trifft die Saône auf die Rhône und hier haben wir unsere erste Begegnung mit dem Nordwind gemacht, der durch das lange Tal der beiden Flüsse von Nord nach Süd dem Mittelmeer entgegenweht. Er ist kalt und mit Windgeschwindigkeiten bis 70 Stundenkilometern zurzeit angeblich noch nicht stark. Uns ist er stark genug.

Kurz vor Lyon hat er sich von hinten angeschlichen, wobei schleichen in dem Zusammenhang das wirklich falsche Wort ist. Da wir ihn jedoch im Rücken hatten, haben wir ihn schlicht unterschätzt. Beim Anlegen im Hafenbecken von Lyon rächte sich das ganz schnell. Drei Helfer konnten nicht verhindern, dass sich das Schiff im Hafen gedreht hat. Es war nichts weiter passiert, außer, dass wir dann eben mit dem Heck angelegt hatten. Zu unserer Ehrenrettung muss gesagt sein, dass der Wind an diesem Tag zum einen besonders stark war und er sich in dem auf drei Seiten hoch umbauten Hafenbecken auch gestaut hat und sozusagen von allen Seiten gleichzeitig ankam.

Wie auch immer. Wir haben es dem Nordwind, der einige Kilometer weiter südlich dann auf den schönen Namen Mistral hört, zu verdanken, dass sich unser Aufenthalt in Lyon von drei auf fünf Tage verlängert hat - und das war gut so. Denn Lyon ist wunderschön. So schön, dass ich dafür extra einen eigenen Artikel schreibe.

Seit zwei Tagen sind wir nun nochmal unterwegs. Der Mistral bläst noch immer unverdrossen weiter. Er beginnt in der Regel um die Mittagszeit, weht dann am frühen Nachmittag so richtig los um in den frühen Abendstunden seinen Höhepunkt zu erreichen. Das führt dazu, dass wir Morgens richtig früh loslegen. Wer mich kennt weiß, dass ich nicht der geborene Frühaufsteher bin. Aber gegen den Mistral bin ich machtlos.

Das es morgens dann noch etwas kälter ist, könnt ihr auf dem Foto zweifelsfrei erkennen. Doch trotz Wind und früher Stunde kommen wir gut voran.

Während das Saône-Tal mit seinen sanften Hügeln und hübschen Orten sehr lieblich ist - zumindest solange der breite Fluss kein Hochwasser hat, bietet die Rhône ganz unterschiedliche Eindrücke. Da sind zum einen schroffe Felsen und weiter Blicke bis zu den Alpen. An vielen Stellen ist der Strom gestaut. Hier wirkt sie beinahe wie ein See und hat, gerade bei dem starken Wind auch ganz schöne Wellen. Es gibt schöne Städte am Wegesrand und natürlich auch Industrie. Kurz - die Rhône begeistert uns. Sie ist deutlich schöner als wir erwartet hatten und wir freuen uns darauf, sie im Frühjahr mit mehr Zeit wieder hochzufahren. Dann werden wir uns all die hübschen Orte am Wegesrand anschauen.

Montag, September 30, 2019 -- Die Carmague mit dem Boot

Viel zu tun und viel zu sehen

Die letzten Wochen waren abwechslungsreich und wunderschön. Meine Arbeit, die ich ja auch habe, hat mich sehr in Anspruch genommen, weshalb leider keine Zeit fand zu schreiben. Das will ich jetzt wengstens für die Carmargue nachholen.

Wie eine verträumte, verzauberte Sumpflandschaft begrüßt mich die Carmargue an einem heißen Tag. Über allem schwebt ein silbriger Dunst, der die Luft schwer macht und das Leben leicht.

Die Carmargue geizt nicht mit ihren Reizen. Ganz im Gegenteil. Gleich auf den ersten Metern begrüßt sie uns mit ihren hübschen hellen Pferdchen. Sind sie wild? Sind sie gezähmt? Eingezäunt sind sie jedenfalls nicht. Kurz darauf erkenne ich die ersten Stiere auf den nassen Wiesen. Jetzt fehlen nur noch - war das ein Flamingo? - Nein war es nicht, das war meine Fantasie, die den Reiher mal flugs in rosa Farbe getunkt hat.

Trotzdem ist die Welt hier ganz schön anders, Betonung auf ganz schön und auf anders. Das Land ist flach, die Wiesen nass und von kleinen und größeren Wasserflächen durchzogen. Meterhohes Schilf steht am Kanalrand, eine Vielzahl unterschiedlicher Vögel malt neue Formen in den Himmel und bringt, vor allem in den Abendstunden nie gehörte Klänge hervor.

Mit dem Rad fahren wir ein wenig ins Hinterland, hinein in ein kleines Dorf. Flamencomusik füllt den Dorfplatz, der von einer Kirche mit spanischem Glockenturm dominiert wird. Die Musik dröhnt aus den Boxen der Bar, deren Tische und Stühle bevölkert sind von einer recht homogenen Gruppe Dörfler zwischen 15 und 85 - schätze ich mal. Ihre Gemeinsamkeit, qualmen, trinken und viel lachen. Die Anzahl der Zähne im Mund nimmt mit zunehmendem Alter ab. Einzige Ausnahme, die beiden Dorfschönheiten. Vermutlich zwei Schwestern mit einem Altersunterschied von ca. 10 Jahren. Aber ich schweife ab.

Zwei Tage später legen wir wieder ab und fahren bis St. Gilles. Wir finden einen Platz direkt gegenüber einem kleinen Restaurant das von einer jungen Frau mit einer knapp 10 jährigen Tochter betrieben wird. Die Welt wirkt träge. Um uns herum die Boote sind teilweise ziemlich abgefuckt, es gibt Unrat und unfertige Häuser und doch hat alles seinen Charme. Irgendwie Südsee, irgendwie spanisch - irgendwie schon fast Nordafrika - alles nur nicht französisch. Selbst das martialische Kriegerdenkmal auf dem Dorfplatz fehlt. Nur in der Cave - da gibt es wie gewohnt guten Wein.

Der Eindruck verändert sich schlagartig, als wir auf Aigues-Mortes zufahren. Ja- hier sind wir in Europa. In dem alten Europa aus dem im 12. Jahrhundert. Die längste erhaltene Wehrmauer des alten Kontinents schützt die Altstadt seit Jahrhunderten. Dahinter erkennt man das Meer!

Wir haben es geschafft. Wir sind mit unserem eigenen Boot von Saarbrücken an Meer gefahren. Am nächsten Tag machen wir eine kleine Radtour an den Strand. Endlich baden im Salzwasser. Der Weg war lang.

Warten auf den Sturm

Mittwoch, Oktober 23, 2019

Castelnaudary

Manchmal gibt es die Ruhe vor dem Sturm, manchmal gibt es die Ruhe danach und manchmal - ja manchmal gibt es keinen Sturm.

Aber erst einmal der Reihe nach. Es wird Herbst, auch in Südfrankreich. Seit ungefähr einer Woche werden die Blätter bunt und die Temperaturen fallen. Also nicht zu tief  - immerhin hatten wir gestern noch 22° C. im Schatten - Sonne schien keine. Allerdings lässt uns der Wind nicht mehr los. Seit der Rhône ist er ein regelmäßiger Begleiter und zwingt uns immer wieder dazu im Hafen zu bleiben.

Das letzte mal war in Argens-Minervois. Da hatte er bereits mehere Tage gewütet und unsere Nerven lagen schließlich blank. Also verbrachten wir ein paar Tage im Hafen und leckten unsere Wunden. Seither versuchen wir unser Fahrttempo dem Wind anzupassen. Um welche Zeit wir losfahren, wie lange unsere Tagesetappen sind und ob wir eine Pause einlegen, all das weiß ganz allein der Wind.

Diesmal jedoch wollten wir uns von ihm nicht in die Suppe spucken lassen. Wir kamen am Freitag in Castelnaudary an und unser Plan sah vor, dass wir am Samstag bleiben um einzukaufen und Sonntag weiterziehen, denn für Montag und Dienstag war Sturm angesagt. Aber der Ort hat uns so gut gefallen, dass wir uns am Sonntag dazu entschieden haben, die Sturmtage hier zu verbringen. In diesem heimeligen kleinen Städtchen mit Geschäften und Cafés und einer Reihe von Engländern, die hier bereits ihren Winterliegeplatz haben. Sollte der Stum doch kommen - uns ärgerte er diesmal nicht.

Nun, der Sturm kam. Er überrollte Narbonne, er fegte das Wasser im Etang de Thau auf meterhohe Wellen und der fällte einen Baum bei Villepinte - das ist ca. 10 km von uns. Wir hatten keinen Wind. Noch nicht einmal ein laues Lüftchen. Nichts.

Jetzt, am Abend des letzten Sturmtages knattern die Fahnen im Winde. Die Wolkendecke ist aufgerissen und es sieht aus, als hätten wir morgen dann endlich mal wieder einen Fahrtag vor uns. Die freien Tage habe ich übrigens gut genutzt. Ich habe gerarbeitet und endlich einen schönen Bericht über den Canal du Midi geschrieben: Guckst du hier.

Angekommen

Sonntag, November 3, 2019

Moissac

Nun, wir sind angekommen. Nicht, dass das unser Ziel gewesen wäre - aber letztendlich fühlt es sich doch genauso an, als wären wir am Ziel. Seltsam. Für alle, die jetzt nicht wirklich wissen was ich meine eine kurze Erklärung.

Wir werden den Winter über hier in Moissac verbringen, im Grunde eigentlich nur, weil die Saison für dieses Jahr vorbei ist. Die meisten Kanäle sind über Winter geschlossen, da geht es nicht mehr weiter. Moissac liegt am Canal latéral à la Garonne, zwischen Toulouse und Bordeaux.

Am 31. Oktober sind wir angekommen. Der kleine Ort war voller kleiner Hexen, fürchterlicher Monster und unzähliger Vampire. Sie rannten in die Läden, kicherten in den Straßenecken und eine kleine Hexe traute sich sogar bis an unser Boot. Sie wollte Bonbons, aber das habt ihr euch sicherlich bereits gedacht. Bei unserer Ankunft schien die Sonne und es war so warm, dass wir unser Mittagessen auf Deck im T-Shirt einnehmen konnten. Am Abend dann kam der Regen. Der hält sich seither tapfer. Heute ist Wind hinzugekommen. Wir sitzen kuschelwarm in unserem Boot, unser kleiner Lüfter heizt behaglich und ich nutze die freien Stunden um lecker zu kochen und, um unsere Webseite umzugestalten. Es wird also auch im Winter in hoffentlich etwas kürzeren Abständen neue Beiträge geben.

Im Winterlager

Moissac

Es ist erstaunlich, wie ruhig das Leben hier an uns vorbeizieht. Langsamer, als die Regentropfen, die beinahe unablässig über unsere Fenster laufen. Seit wir hier sind regnet es beinahe ohne Unterlass. Ein sehr ungewöhnliches Wetter, wie uns die Einheimischen mitteilen. Was sind wir doch für Glückskinder.

Die Einheimischen zumindest sind eingepackt, als wollten Sie den Nordpol bereisen. Wir hingegen freuen uns über tagsüber ca. 14 Grad und die Sonnenstrahlen, die immer wieder durch die Wolken blitzen und dann auch wirklich wärmen.

Im Boot ist es schnell kalt, das kann sich wohl jeder denken. Aber so langsam haben wir herausgefunden, wie wir das Boot heizen ohne es zu überhitzen oder auszukühlen. Auch die Feuchtigkeit haben wir mittlerweile ganz gut im Griff.

Moissac ist ein hübscher kleiner Ort in dem es alles gibt, was wir brauchen. Keineswegs selbstverständlich für die Region. Leider haben wir noch wenige Kontakte zu anderen Bootsfahrern, obwohl hier etliche Schiffe bewohnt sind. Aber die haben sich wohl die letzten Wochen nicht aus dem Boot getraut, weil es so oft geregnet hat. Nun denn, so bleibt uns Zeit zum Schreiben, Bilder angucken, Pläne schmieden und um unser schönes Schiff noch ein wenig schöner zu machen.

  1. Nein, wir sind nicht auf den Hund gekommen. Auf dem Foto ist Maurice zu sehen, der Hund unseres Nachbarn. Er liebt Karl und springt sofort an ihm hoch, wann immer er ihn sieht. Kapitäne unter sich, sozusagen.