Das Midi - von Agde bis Béziers

Genaugenommen beginnt der Canal du Midi erst hinter dem Etang de Thau, bzw. hört er hier auf. Den großen See noch in Kopf und Herzen und das Mittelmeer in den Haaren fahren wir die ersten Meter auf dem Kanal. Er wirkt unerwartet grün auf uns - und eng.

Agde und die Rundschleuse

Unser erster Halt führt uns nach Agde, wo wir nur ein paar Stunden Mittagspause einlegen. Mehr, so schien es uns, braucht es auch nicht. Die Stadt hat uns nicht besonders begeistert. Spannend hingegen war die Schleuse. Sie ist rund, fasst vier Boote, die allerdings eher im Halbkreis angeordnet sind und hat zwei Ausgänge! Das war zumindest gewöhnungsbedürftig. Der zweite Ausgang geht auf ein Kanalstück hinaus das durch die Stadt fäht und schließlich im Mittelmeer endet. Wir fahren weiter Richtung Atlantik.

Die erste Nacht am Canal du Midi verbringen wir bei Vias. Von hier aus sind es nur 20 Minuten Fußweg ans Meer. Das wissen auch andere, wie beispielsweise die nette schweizerische Familie auf ihrem Mietboot. Überhaupt Mietboote. Plötzlich sind sie da. Ganz viele und die meisten mit einer deutschsprachigen Besatzung. Nette, fröhliche Leute die Spaß haben mit dem Boot, dem tollen Wetter und der wunderschönen Landschaft.

"Longue Durée"

Hier machen wir auch das erste Mal Kontakt mit einer besonderen Art von Liegestelle, der „longue durée“, also für Langlieger. Wir verstehen nur Bahnhof. Was ist das denn für eine Regelung. Wir werden doch unser Bootchen mal über Nacht hier festmachen dürfen? Wir denken nicht weiter darüber nach und vertäuen uns auf einem freien Platz. Der Weg zum Strand führt uns dann an einer Reihe von größeren und kleineren „Langliegern“ vorbei. Hier leben Menschen, seit Monaten, manche seit Jahren, am Kanal. Das sind keine Szene- Luxusschiffe mit Kanalisation und eigenem Stromzähler. Da geht es zum Teil noch sehr rustikal zu. Da kommt der Strom aus der Solarzelle oder dem Generator und Wasser wird beim nächsten Anwohner gegen einen saftigen Aufpreis getankt.

Villeneuve-lès-Béziers

Am nächsten Tag geht es weiter nach Villeneuve-lès-Béziers, von wo aus wir mit dem Bus ans Mittelmeer fahren. Noch immer mutet uns die Landschaft mediterran an, auch wenn es streng genommen nicht mehr stimmt. Ganz langsam hat sich die Vegetation verändert. Natürlich finden wir Oleander und Feigenbäume, meterhohe Palmen recken sich schnurgerade in den Himmel und die Pampagräser leuchten im Gegenlicht. Aber es gibt auch wieder große Bäume. Zum Beispiel berühmten Platanen (von denen es noch einige gibt), Birken und Erlen.

Die Schleusentreppe von Fonseranes - Béziers

Der Kanal du Midi ist an vielen Stellen wunderschön und auch hier, in Béziers könnte er wirklich toll sein. Wenn nicht .... naja, immerhin, wir sind auch da und wer sind wir, das wir diese Reisen unternehmen und uns dann darüber ärgern, dass auch andere hier sind.

Doch zu diesem Zeitpunkt, vor den 9 Schleusen von Fonseranes, die eigentlich nur 7 sind, wissen wir noch nicht wirklich was uns erwartet und wir sind recht entspannt. Das Wasser klitzert im Sonnenschein, wir sind die ersten vor den Schleusentoren und wir sind guter Dinge. Schleusen kennen wir zur Genüge und dass diese hier olivenförmig sind, macht uns schon lange nichts mehr aus.

Wir sind zwar das erste Boot - aber nicht alleine

Hier scheint ein Volksfest zu sein. Männer, Frauen und Kinder bevölkern den Treidelpfad. Sie wirken freudig gespannt. Warum? Geschleust wird nach fest vereinbarten Zeiten. Zwei Stunden hoch, zwei Stunden runter, das Ganze zweimal am Tag. Wir schleusen auf. Gemütlich fahren wir ein, schmiegen uns an die Schleusenwand, legen unsere Leinen und schauen dem großen Mietboot zu, das neben uns festmacht.

Da kommt die Schleusenwärterin. Schleusenwärter, das wissen wir aus Erfahrung sind hilfsbereite, freundliche und total gechillte Franzosen mit denen wir es gerne zu tun haben. Nicht so diese! Sie schnauzt mich gleich mal an ich solle meine Füße auf den Boden stellen, sprich das Schiff verlassen! Außerdem müssen wir weiter nach vorn, nahezu direkt vor das Schleusentor, weil jetzt noch ein weiteres Mietboot mit knapp 15 Meter Länge kommt. Ein Geschiebe und Geecke geht los. Menschen rufen und laufen hektisch am Schleusenrand hin und her. Nach mehreren Remplern ist das Boot endlich soweit eingefahren, dass die Tore geschlossen werden können. Das Wasser schießt ein. Wir haben alle Hände voll zu tun unser schweres Boot an Ort und Stelle zu halten. Damit es schnell geht werden immer zwei Kammern auf einmal gefüllt - ja und auch entleert. Entsprechend heftig ist die Wasserwucht.

Auch die nächsten Schleusenvorgänge werden mit der gleichen Hast und Unfreundlichkeit vorgenommen. Die Mietbootfahrer sind entweder restlos überfordert oder so angetrunken, dass sie die Lage nicht erfassen. Alle sind der Meinung, „dass es ganz normal ist, überall anzustoßen - geht ja nicht anders.“ Nach knapp 1,5 Stunden ist die Tortur endlich zu Ende. Hab ich erwähnt, dass ich Schleusentreppen eigentlich mag? Diese hier nicht!

Pierre Paul Riquet

Pierre-Paul Riquet - ein Visionär

Da steht er. Lebensgroß blickt er wohlwollend auf sein Werk. Nun ja, nicht gerade auf sein Werk, sondern auf einen schönen Platz in Béziers, der mit einem hübschen Wasserlauf, der in einem Brunnen endet, garniert ist. Pierre-Paul Riquet der geniale Macher des Kanals. Unsere kurze Heldengeschichte lautet so:

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Mietboot-Schutz

Mietboote

Endlich sitzen wir gemütlich auf Deck in der Sonne. Der Kaffee schwappt in meiner Tasse. Kein Wunder, gerade ist ein Mietboot vorbeigeheizt. Die Besatzung ist guter Dinge, Musik wird abgespielt, fröhliche Gesichter. Dann sind sie weg. Ich hebe meine Tasse an, wieder schwappt der Kaffee, ein weiteres Plastikschiff, diesmal von der anderen Seite.

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Platanen vor Toulouse

Platanen am Canal du Midi

Wir alle wissen es. Die Platanen am Canal du Midi sind krank, totkrank und viele von Ihnen sind bereits gestorben. Wie es weitergeht mit den Platanen und warum eine Reise auf dem Canal dennoch sehenswert ist, erfahrt Ihr hier.

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Bis Canal de Jonction

Während unsere Mitstreiter von Le Boat und Locaboat erschöpft hinter der letzten Schleuse festmachen, sicher auch um sich nun das Schauspiel gemütlich vom Rand aus anzuschauen, fahren wir weiter. In den sonnigen Morgen hinein. Die Vögel zwitschern, ich sehe einen Eisvogel und die Faszination Bootfahren hat mich wieder. Wir legen unterhalb des Schlosses von Colombiers an.

So reisen wir durch das Minervois. In Argens Minervois müssen wir ein paar Tage verweilen. Der Wind macht das Anlegen und auch das Einfahren in die Schleusen sehr schwierig. Die Urlauber in ihren Mietbooten müssen trotzdem weiter. Wir erleben einige spektakuläre Rempler. Doch es ist kein Wunder. Die Boote sind groß, teilweise in einem schlechten Zustand und die Mieter bekommen keine gescheite Einführung. Viele sind überfordert auch wenn sie es nicht zugeben. Hinter der lärmenden Fröhlichkeit erleben wir sehr selten wirkliche Entspannung.

Der Wind bleibt uns auch an den folgenden Tagen erhalten und so bläst es noch immer ganz ordentlich, als wir den Canal de Jonction erreichen, den Verbindungskanal zwischen dem Midi und der Stadt Narbonne.

(Gut zu diesem Zeitpunkt konnten wir noch nicht wissen, dass es ganz anders kommen würde. Das mit dem Jahr 2020 und der Corona-Krise auch unsere Reisepläne geändert werden)

Ach noch eins. Allen, die sich wundern, dass wir hier aufhören. Den zweiten Teil - bis Moissac, werde ich auf dem Rückweg skizzieren. Dann haben wir deutlich mehr Zeit, da wir in den Sommer hineinfahren.

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